Lichtstärke bei Objektiven

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Moderator: pilfi

Gast

Lichtstärke bei Objektiven

Beitrag von Gast »

Hallo,
ich bin gerade etwas confused wegen der Berechung der Lichtstärke bei Objektiven.
Klar ist, dass eine kleinere Blende (z.B. F2.8) doppelt so Lichtstark ist wie F4.

Jetzt stellt sich mir nur die Frage ob alle 2.8 Objektive ihre Blende F2.8 dadurch erreichen, dass sie einen großen Linsendurchmesser haben, oder durch eine andere Linsenform + Mechanik.

Zudem müsste ja auch die Anzahl der Linsen im Objektiv die Lichtstärke beeinflussen.

Oder???
nikkormatix
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Beitrag von nikkormatix »

Hallo,

die Lichtstärke eines Objektivs ist das Verhältnis der wirksamen Blendenöffnung (Eintrittspupille) zur Brennweite. So hat ein Objektiv mit einem Durchmesser der Eintrittpupille von 5 cm und 100 mm Brennweite die Lichtstärke 50 mm / 100 mm = 1:2. Die Lichtstärke 1:2 hat ebenfalls ein Objektiv mit 50 mm Brennweite und 25 mm Eintrittspupille. Ein 2,8/300 AFS-Nikor hat somit eine Blendenöffnung von 300mm / 2,8 = ca. 11 cm. Es ist also klar, weshalb solche Objektive diese großen Frontlinsen benötigen.

Die Lichtstärke steigt im Quadrat. Eine doppelt so große Eintrittspupille (z. B. f/2 zu f/4) lässt also die vierfache Menge Licht durch.

Du hast recht mit der Vermutung, dass in der Praxis der wahre Lichtdurchlass eines Objektivs aufgrund von Absorptions-, Reflexions- und Streuverlusten geringer ist. Man spricht in diesem Zusammenhang von der "transmissionsgerechten Blendenzahl" oder T-Blende bzw. T-stop. Bei Film-Objektiven wird diese T-Zahl angegeben, bei fotografischen Objektiven normalerweise nicht.

Gruß
Frank
Zuletzt geändert von nikkormatix am Sa 17. Jul 2004, 15:03, insgesamt 1-mal geändert.
Gast

Beitrag von Gast »

Also,

wenn ich das richtig verstanden habe, dann hat ein 2.8 Objektiv (z.B. das 2.8 70-200 Sigma) im Vergleich zum (z.B. 4-5.6 70-300 Nikon) gleich zwei Vorteile:

1. man kann eine kleinere (bzw. mechanisch größere) Blende wählen, was die Belichtungszeit verkürzt und

2. durch die größere Linse kommt auch bei allen anderen Blenden mehr Licht durch, weil die Blendenöffnung immer ein Teiler (1:x) des Linsendurchmesser ist.

Richtig?

Und wie wirkt sich das dann auf die Belichtungszeit aus?
Wenn ich jetzt z.B. das Sigma und das Nikon mit Blende F8 bei 200 mm und gleichen Lichtbedingungen verwende und die Kamera beim Nikon z.B. 1/200s vorschlägt, was würde sie dann beim Sigma vorschlagen?

Oder nach welcher Formel kann man das berechnen?
nikkormatix
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Beitrag von nikkormatix »

Gast hat geschrieben: 1. man kann eine kleinere (bzw. mechanisch größere) Blende wählen, was die Belichtungszeit verkürzt und
Ja, hohe Lichtstärke = mehr Licht kommt auf dem Film/Sensor an = kürzere Belichtungszeiten. Hohe Lichtstärke ist prima, macht das Objektiv aber teurer, einmal, weil viel Glas verbaut wird und die sogenannten Abbildungsfehler bei hohen Lichtstärken schwieriger in den Griff zu bekommen sind. Ein lichtschwächeres Objektiv kann optisch ebensogut sein wie der lichtstärkere Bruder.
Gast hat geschrieben:2. durch die größere Linse kommt auch bei allen anderen Blenden mehr Licht durch, weil die Blendenöffnung immer ein Teiler (1:x) des Linsendurchmesser ist.
Wenn du abblendest, die Blendenöffnung also immer kleiner wird, kommt auch weniger Licht auf dem Film an. Nimm dir mal ein Objektiv, schaue von hinten durch und schließe dann die Blende. Wenn du ein an sich lichtstarkes AFS-Nikkor 2,8/300 auf f/5,6 abblendest, kommt die gleiche Lichtmenge wie bei einem Sigma 5,6/300 an. Jedenfalls theoretisch, in der Praxis kann gut sein, dass beim lichtstarken Nikkor doch etwas mehr Licht durchgelassen wird. Siehe T-Blende.
Gast hat geschrieben:Und wie wirkt sich das dann auf die Belichtungszeit aus?
Wenn ich jetzt z.B. das Sigma und das Nikon mit Blende F8 bei 200 mm und gleichen Lichtbedingungen verwende und die Kamera beim Nikon z.B. 1/200s vorschlägt, was würde sie dann beim Sigma vorschlagen?
Theoretisch sollte der Belichtungsmesser der Kamera gleiche Zeiten angeben, aber wie gesagt, gewisse Abweichungen wären denkbar und nicht ungewöhnlich. Solche Abweichungen bewegen sich aber im vernachlässigbaren Bereich, Sorgen bräuchtest du dir deswegen nicht zu machen.
Gast hat geschrieben:Oder nach welcher Formel kann man das berechnen?
Jede Blendenstufe Abblendung - z. B. von f/2 auf f/2,8 oder von f/2,8 auf f/4 - führt zu einer Verdoppelung der Belichtungszeit, umgekehrt führt jedes Öffnen der Blende um eine Stufe - Aufblenden, z. B. von f/4 auf f/2.8 - zu einer Halbierung der Belichtungszeit.

Gruß
Frank
Zuletzt geändert von nikkormatix am Sa 17. Jul 2004, 17:57, insgesamt 2-mal geändert.
BMXpepe

Beitrag von BMXpepe »

mich würde in diesem zusammenhang nochmal eine sache interessieren:
also wenn ich jetzt auf teufel komm raus keine kohle für das teure ding habe, kann ich doch einfach das billige nehmen udneinfach die ISO zahl höherstellen, oder länger belichten oder sonstiges...
ich kann mir nicht vorstellen, WARUM man bei einem objektiv, das um vielleicht zwei blendenstufen "stärker" ist als sein "lichtschwaches" pendant, gleich das 3-fache kosten soll (oder so)...
bei 2.8 ist die tiefenschärfe doch auch am kleinsten oder wie?!
WARUM also 2,8 gegenüber 5,6 oder so... man hat doch so gut wie immer möglichkeiten auszuweichen.. :?:
nikkormatix
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Beitrag von nikkormatix »

BMXpepe hat geschrieben:also wenn ich jetzt auf teufel komm raus keine kohle für das teure ding habe, kann ich doch einfach das billige nehmen udneinfach die ISO zahl höherstellen, oder länger belichten oder sonstiges...
Bei Stativ-Aufnahmen lässt sich die Belichtungszeit ohne Probleme verlängern, bei Aufnahmen aus der Hand geht das aber nicht so einfach. Man läuft nämlich ansonsten Gefahr, Verwacklungsunschärfe zu erhalten. Bei Aufnahmen aus der Hand sollte man eine Belichtungszeit von 1/Brennweite möglichst nicht unterschreiten. Bei Kameras wie den Nikon-DSLR D1x/D100/D70 usw. muss man dabei deren Crop-Faktor berücksichtigen. Eine Brennweite von z. B. 300mm entspricht dort im Bildwinkel einem 450er Objektiv, das heißt, man benötigt aus der Hand idealerweise ungefähr 1/500s für scharfe Aufnahmen. Wenn das Objektiv keinen Bildstabilisator hat, kann das schnell kritisch werden.

Die Empfindlichkeit anzuheben, kann fehlende Lichtstärke nur teilweise kompensieren. Aber irgendwann ist aus qualitativer Sicht eine Grenze erreicht, wo das Rauschen (bzw. das Korn beim höherempfindlichen Film) einfach zu stark wird. Aber besser noch eine verrauschte als eine total verwackelte Aufnahme. Natürlich profitiert auch ein lichtstarkes Objektiv davon, wenn man am ISO-Regler schraubt.
BMXpepe hat geschrieben:ich kann mir nicht vorstellen, WARUM man bei einem objektiv, das um vielleicht zwei blendenstufen "stärker" ist als sein "lichtschwaches" pendant, gleich das 3-fache kosten soll (oder so)...
Abbildungsfehler sind bei lichtstarken Objektiven wesentlich schwieriger und aufwendiger zu korrigieren als bei lichtschwächeren Vertretern. Dieser Aufwand geht ins Geld. Bei hochgeöffneten Objektiven hat man zudem einen deutlich helleren Sucher, was die Einstellung vereinfacht, wenn man mal nicht den AF benutzt. Wie schon weiter oben geschrieben, ein lichtstarkes Objektiv muss nicht unbedingt optisch besser sein als das lichtschwächere Schwestermodell. Allerdings legen sich die Hersteller bei ihren High-End-Objektiven ganz besonders ins Zeug. Ein 1,4/85 AF-Nikkor, 2/105 DC-Nikkor oder 2,8/300 AFS-Nikkor gehören zu den besten Optiken überhaupt.
BMXpepe hat geschrieben:bei 2.8 ist die tiefenschärfe doch auch am kleinsten oder wie?!
WARUM also 2,8 gegenüber 5,6 oder so... man hat doch so gut wie immer möglichkeiten auszuweichen.. :?:
Hohe Lichtstärke bei Teleobjektiven ist erwünscht, um möglichst geringe Schärfentiefe zu haben und so ein Objekt oder Teile davon bewusst freistellen zu können. Bspw. bei der Portraitfotografie, wo dies bei f/2 oder f/2,8 besser gelingt als bei f/5,6 oder f/8. Schwächere Tele-Zooms muss man oft noch mindestens eine weitere Stufe abblenden, um akzeptable Schärfe zu bekommen. Das vergrößert die Schärfentiefe nochmals und verlängert auch die Belichtungszeit (s. o.).

Schließlich lässt sich ein lichtstarkes Objektiv bei Bedarf mit einem Konverter kombinieren und so die Brennweite verlängern. Aus einem 2,8/300 wird mit einem Zweifachkonverter z. B. ein 5,6/600. Aus einem 5,6/300 würde ein 11/600, aber damit wäre ein vernünftiges und angenehmes Arbeiten praktisch kaum noch möglich.

Grundsätzlich ist dein Denkansatz nicht verkehrt, nämlich zu überlegen, ob du einen teuren "Lichtriesen" überhaupt brauchst oder nicht auch eine günstigere Alternative genügt. Es gibt aber Situationen, wie ich sie beschrieben habe, wo ein lichtstarkes Objektiv unabdingbar ist.

Gruß
Frank
Zuletzt geändert von nikkormatix am Sa 17. Jul 2004, 22:34, insgesamt 1-mal geändert.
Keks
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2,8

Beitrag von Keks »

es gibt es auch Situationen, wo man nicht länger belichten kann. Bewegte Objekte. Da muß man eine kurze Zeit einstellen können, damit nicht alles verwischt...
Gast

Beitrag von Gast »

Leider habe ich nur ein Objektiv und das ist das Kit-Objektiv ohne manuelle Blendeneinstellung :-(

Aber wenn die Blende immer ein Teiler z.B. 1:2,8 ist, dann müsste doch ein Objektiv mit einer 7 cm Linse bei Blende 4 noch einen Durchmesser von 1,75cm haben und damit mehr Licht durchlassen, als ein Objektiv mit 5,3 cm das bei Blende 4 nur noch einen Durchmesser von 1,325 cm hat?

Oder ist die Blendengröße immer ein fester Wert der nicht abhängig vom Linsendurchmesser ist?
nikkormatix
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Beitrag von nikkormatix »

Gast hat geschrieben:Aber wenn die Blende immer ein Teiler z.B. 1:2,8 ist, dann müsste doch ein Objektiv mit einer 7 cm Linse bei Blende 4 noch einen Durchmesser von 1,75cm haben und damit mehr Licht durchlassen, als ein Objektiv mit 5,3 cm das bei Blende 4 nur noch einen Durchmesser von 1,325 cm hat?
So kannst du nicht rechnen. Die Lichtstärke errechnet sich - vereinfacht ausgedrückt - aus dem Blendendurchmesser geteilt durch die Brennweite des Objektivs. Der Durchmesser der Frontlinse hat damit zunächst nichts zu tun. Ein Objektiv mit 50 mm Blendendurchmesser und 100 mm Brennweite hat also die Lichtstärke 1:2. Natürlich kannst du so auch den Blendendurchmesser ermitteln, wenn du Lichtstärke und Brennweite des Objektivs kennst.

Gruß
Frank
Reiner
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Beitrag von Reiner »

Gast hat geschrieben:Leider habe ich nur ein Objektiv und das ist das Kit-Objektiv ohne manuelle Blendeneinstellung :-(
Das hört sich nach D70 + Kit Objektiv an.....
Wenn das so ist, dann solltest Du zusätzlich (zu Deinen Fragen hier) noch Deine Bedienungsanleitung durchlesen :wink: :)
Die Blende stellst Du in in der Kamera ein (je nachdem im "M" oder "A" Modus).

@nikkormatix
Hervorragende Erklärungen :!: :)
Reiner
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