Ich kopiere im folgenden einen - leicht geänderten - Beitrag, den ich mal an anderer Stelle geschrieben hatte:
Wenn ich ein Motiv fotografiere, ist nur die Gegenstandsebene "punktscharf", auf die ich mit dem Objektiv eingestellt habe. Nur Punkte dieser Gegenstandsebene werden auf der Film- bzw. Sensorebene als gleichgroße Bildpunkte wiedergegeben. Alle anderen Punkte, die sich vor oder hinter der Gegenstandsebene befinden, erscheinen nicht mehr als Punkte, sondern als Kreise; diese werden Unschärfe- oder Zerstreuungskreise genannt. Solange die Unschärfekreise jedoch eine bestimmte Größe nicht überschreiten, erscheinen sie unseren Augen noch als scharf, und wir haben den *Eindruck*, dass die Aufnahme nicht nur eine Schärfenebene, sondern eine Schärfenzone aufweist. Der Bereich vor und hinter der Gegenstandsebene, in dem uns die Schärfe noch als akzeptabel erscheint, wird als "Schärfentiefe" bezeichnet. Sie endet dort, wo die Unschärfekreise gerade noch als Punkte (scharf) und noch nicht als Flächen (unscharf) wahrgenommen werden. Wann dies der Fall ist, hängt u. a. auch vom Abstand, mit dem ein Bild betrachtet wird, vom Vergrößerungsmaßstab und vom Auflösungsvermögen des Auges ab.
Für eine detaillierte mathematische Herleitung der Zusammenhänge empfehle ich z. B. die Internetseite von Elmar Baumann:
http://www.elmar-baumann.de/fotografie/ ... tiefe.html
Auf dieser Basis gelangt man zu einem Zerstreuungskreis, der ca. 1/1500 der Diagonale des jeweiligen Aufnahmeformats entspricht. Für Kleinbild mit einer Negativdiagonale von etwa 44 mm beträgt der Wert somit etwa 0,03 mm, für Mittelformat 6x7 ca. 0,06 mm usw. Für kleinere Digitalformate ergeben sich dementsprechend geringere Werte: Beim Nikon DSLR-Format mit 0,02 mm. [1]
Schärfentiefe ist somit kein optisches Gesetz, sondern eine Festlegung, bis zu welcher Größe des Streukreises unser Auge eine Aufnahme noch als scharf erachtet. Weil darauf wie geschildert mehrere Faktoren Einfluss haben, kann und muss die Größe des Streukreises ggf. den Umständen oder auch persönlichen Ansprüchen gemäß angepasst werden. Vergrößere ich z. B. stärker nach und/oder wähle einen geringeren Betrachtungsabstand (Monitorbetrachtung!), ist ein kleinerer Streukreis erforderlich. Bei stärkerer linearer Vergrößerung bietet sich auch an, den Betrachtungsabstand entsprechend zu vergrößern.
Wenn man bei einer deutlichen Sehweite von 25 cm von einer Sehschärfe von etwa 2 1/3 Bogenminuten ausgeht und einen Print in der Größe 13 x 18 cm herstellen möchte, muss man beim Nikon-Crop-Format linear etwa 7,5-fach vergrößern. Folglich kommt man zu einem Streukreis von z = 250 mm / 1500 / 7,5 ~ 0,022 mm. Für das klassische Kleinbildformat ergäbe sich unter diesen Prämissen z = 250 mm / 1500 / 5 = 1/30 mm. Dieser Wert bildet bis heute die Grundlage für fast alle Schärfetiefeskalen und -tabellen im KB-Bereich. [1]
Wie wirkt sich dies auf die Schärfentiefe aus? Nehmen wir ein 1,8/85 AF, das sich an einer D70 oder D100 befindet. Durch den Formatfaktor 1,5 entspricht es im Bildeindruck ungefähr einem 135er Objektiv. Rechnet man mit einem Schärfetiefenrechner wie dem von Erik Krause
http://www.erik-krause.de/schaerfe.htm nach, wird ersichtlich, dass der Schärfentieferaum des 85ers bei Blende 2,8 in etwa so groß ist, wie der eines 135ers mit Blende 4 an einer Analog-Nikon.
Als Faustformel ergibt sich, dass man an Digitalkameras mit Formatfaktor 1,5 in etwa die Schärfentiefe erhält, wie an einer KB-Kamera, die um den Crop-Faktor abgeblendet wurde. An einer D70 hat man somit bei Blende f/2,8 in etwa die Schärfentiefe wie bei f/4 an der F100. Im Vergleich Film-Nikon zu APS-Crop macht der Unterschied somit knapp 1 Blendenstufe aus.
Dieser Zusammenhang kann auf alle Schärfentiefevergleiche zwischen den Aufnahmeformaten übertragen werden. Besonders krass verhält es sich bei Kompaktdigis mit ihren extrem kleinen Chips. Hier beträgt der Crop-Faktor im Vergleich zu KB oft das 4- oder 5-fache. Selbst wenn diese Digis Objektive mit hoher Lichtstärke von bspw. f/2,8 oder sogar f/2 besitzen, ist ihre Schärfentiefe dennoch sehr groß. An einer analogen Nikon entsprächen diese Blendwerte etwa f/8, f/11 oder noch kleineren Werten.
Gruß
Frank
[1] Ich bevorzuge hier inzwischen, von 2' Bogenminuten Sehschärfe auszugehen, wodurch man zu einem Zerstreuungskreis gelangt, der etwa 1/1700 der Formatdiagonale entspricht.