Drei Tage wach, Teil 1
Vorwort: bitte auf die Bilder klicken, ich habe Sie nicht klein genug gemacht und Sie werden automatisch verkleinert.
Es ist Freitag 02:45. Der Wecker klingelt. Die Wessis haben Brückentag, und da ich grad für eine Westfirma arbeite kann ich mir aussuchen ob ich auch faulenze oder ein bissel arbeite. Die Entscheidung ist der goldene Mittelweg. Früh soll es zum Fotografieren gehen, dann ein bischen gearbeitet und abends schön zeitig ins Bett. Die Bedingungen sind ideal, es hat tagelang nur geregnet und am Abend ist es aufgerissen. Dummerweise habe ich es irgendwie nicht geschafft vor 12 einzuschlafen. Drei Stunden Schlaf müssen genügen.
Um 03:30 treffe ich meine Bekannten in Königstein. Björn und Andreas sind nicht dabei, wir haben nur Canon im Gepäck. Der Nebel sieht nicht allzu dick aus, aber wir entscheiden uns aber trotzdem für die Schrammsteinaussicht. Nächster Stop Bad Schandau mit kurzer Beratung.
In Bad Schandau stehen wir im Nebel, alles klar, also Schrammsteinaussicht. Wir fahren mit 3 Autos weil aus jedem Dorf ein Hund kommt. Der letzte gibt grad ein bissel Gas um dranzubleiben (die vorderen zwei fahren StVO), da geht ein Blaulicht hinter Ihm an. Wir Vorderen stoppen 500m weiter. Kurzes Telefonat, das hintere Auto weiss nicht wo wir hinmüssen, wir haben also tatenlos zuzusehen wie uns die Zeit davonrennt und warten auf das Ende der Kontrolle. Nach gefühlt ewigen 5 Minuten haben die drei Studenten die Polizei davon überzeugt das Sie nicht zu schnell gefahren sind, das Sie keinen Alkohol getrunken haben (pusten) und das Sie den Fiat nicht in den "Ostblock" schmuggeln wollen (Tschechien ist 10 km entfernt). Eine Meisterleistung!
Wir kommen also unten am Parkplatz an und beginnen den Aufstieg. Man braucht von der Schrammsteinbaude ca. 50 Minuten. Der Weg geht erst leicht ansteigend mit ein paar Treppen bei ca. 15 min, danach ein gerades Stück ca. 15 min und dann nochmal 15 min über Treppen und Leitern. Wenn man oben ist wechseln die meisten Ihr T-Shirt. Es sind ca. 200 Höhenmeter, echte Alpinisten lachen sich bei sowas scheckig. Da wir drei Fotografen und zwei Zaunsgäste sind beschliesse ich das wir auf die Aussicht gehen, denn da ist genug Platz.
Auf der Aussicht dann - kein Nebel vor den grossen Torsteinen (vgl. Bild BL 5: Schrammsteinpanorama auf Seite 3). Dafür liegt hinten im Kirnitzschtal ein hübscher Nebelschleier, das passt auch. Ich gebe meinen Begleitern den Vorzug der Standortwahl und begnüge mich mit den übriggebliebenen Brotkrumen. Es ist dort oben sehr sicher da es Geländer gibt, dafür allerdings auch ein wenig eng. Allerdings ist dabei für meine Verhältnisse wenig dabei, die Nationalparkverwaltung feiert dieser Tage Ihr 20-jähriges Bestehen und solange wurden die Birken auf der Aussicht anscheinend auch nicht freigeschnitten. Nach ein paar unmotivierten Knipsbildern sehe ich auf dem nächsten Felsen jemand rumturnen. Schnell mal die Brennweite auf 200 mm gezogen und Live View an mit 10x Sucherlupe - den kennen wir doch! Einmal kurz übers Tal gejodelt und sich verständigt das jetzt ein Making Of gemacht wird. Dafür muss mein Bekannter auch seinen Standpunkt mal opfern.
TP_FL_Schrammsteine_1
Nachdem die Sonne eine Stunde oben ist (Sonnenaufgang 04:50) ist das Licht schon recht hart so das wir beschliessen langsam herunter zu gehen. Nach einem ausgedehnten Frühstück sitze ich (erstaunlich fit) am Rechner und arbeite bis ca. 15:00. Da telefoniere ich kurz mit Björn und wir verständigen uns über die Abendgestaltung. Die Wahl fällt auf den Neuen Wildenstein, auch Kuhstall genannt weil da oben auch eine grosse Höhle ist. Direkt an den Sandstein-Berg "Neuer Wildenstein" schliesst sich der Basalthügel "Hausberg" an, von dem man aber keine Aussicht hat (merke: Sandstein endet hier immer auf "-stein", Basalt auf "-berg").
Blümchen und Andreas87 sind schon oben als ich mit meiner Freundin ankomme. Es ist das übliche Dilemma, die schönen Wolken haben sich verzogen und die Aussicht ohne Wolken nur noch halb so spannend. Ausserdem steht irgendwie immer ein Nikon-Fotograf oder sein Stativ im Weg.
Nikon steht im Weg
Nikon steht im Weg
Letzte Aufnahme bevor das Licht auf der Birke weg ist, Zeug von Nikon-Fotografen steht im Weg
Das Licht geht irgendwann von der halbwegs fotogenen Mini-Birke weg so das man sich eine neue Stelle suchen muss. Von dort kann man aber nur eine Kiefer knipsen die sich an diesem Tag nicht besonders vom Hintergrund raustrennt, und die Szenerie im Hintergrund ist ohne Wolken recht flach. Seufz...
Nikon steht - im Weg
Shift aus drei Hochformat-Aufnahmen bei 45 mm, zusammengesticht
Einzelbild der gleichen Szenerie
Wir wollen aber trotzdem abwarten bis die Sonne untergegangen ist. Meistens ergibt sich daraus noch ein stimmungsvolles Bildchen. Und siehe da, drei Fotografen stehen da und machen praktisch ein identisches Bild zu dem was Björn letztes Jahr von dieser Stelle schon geschossen hat (BL 15: Blick vom Kuhstall, Seite 5). Das Licht ist nicht ganz so genial leuchtend, aber was man in der Tasche hat...
TP_FL_Wildenstein_7
Wir beschliessen den Abend mit einer Beleuchtungsaktion - siehe Beitrag von Björn oben. Mit Stirnlampen wird ein Felsen angemalt. Dabei muss es allerdings schon recht spät sein denn sonst ist der Himmel noch zu hell. Ausserdem gilt es eine Choreographie zu beachten, der linke Felsen muss von links angestrahlt werden, der mittlere Felsen von rechts, der rechte Felsen auch von rechts. So kommen die Strukturen im Stein durch Schattenbildung gut heraus. Das Ganze muss dann halt auch noch innerhalb einer gewissen Zeit erfolgen sonst wird der Himmel zu hell, und man muss natürlich auch sauber leuchten sonst gibt es Flecken. Die Aktion wiederholen wir ein paar Mal und irgendwie werde ich immer müder, ich habe ja schon eien kurze Nacht in den Knochen...
Beim Abstieg geht die Diskussion los wo wir denn morgen früh hingehen. Drei Fotografen - drei Meinungen. Andreas87 will eigentlich nach Thüringen Orchideen fotografieren. Blümchen würde gern nach Dresden gurken, drei Stunden im eigenen Bett schlafen und dann auf die Schrammsteine. Ich hab eigentlich gar keinen Bock da ich völlig übermüdet bin, würde aber im Notfall im Auto pennen. Der Abstieg dauert ca. 20 Minuten und dann haben wir einen Kompromiss: wir machen durch. Das Problem ist aber das mein Auto noch im Elbtal steht und ich werde dann früh wegen Übermüdung nicht mehr fahren können. Meine Freundin wird ebenfalls nicht fahren können weil Sie Kontaktlinsen hat und keine Lösung dafür im Rucksack. Also beschliessen wir die Autos nach Dresden zu überführen. Die Landeshauptstadt hat ausserdem eine hohe Restaurantdichte, dort wollen wir uns an Burgern stärken und danach ganz ruhig auf den Berg zuckeln.
Auf dem Weg nach Dresden fährt Björn vornweg und mir fallen die Augen fast zu. Ich halte mich verzweifelt an den Rücklichtern von Björns Auto fest. Zum Glück ist wenig Verkehr und ich kann die Strecke ja sowieso "im Schlaf" fahren. Nach einer grenzwertigen Fahrt sitzen wir also Samstag morgens 00:30 beim Burgerbrater. Nochmal die Fakten: ich habe Do. morgen das letzte Mal geduscht (Fr morgen machte keinen Sinn, wer duscht schon bevor man auf den Berg steigt, und Fr mittag duschen bringt ja auch nix, wer duscht schon bevor man auf den Berg steigt), habe leicht dreckige Outdoorhosen und dreckige Meindl Schuhe an (die Wege waren schlammig weil es mehrere Tage durchgeregnet hat), die Haare sind wirr, ich bin unrasiert, mein Pullover hat zwei Löcher (ich will damit auf den Berg, nicht ins Büro), ich habe einen Tamrac Expedition 8 (grosser Rucksack) auf dem Rücken (mein Fotokram ist nachts im Auto nicht versichert, und obwohl es nur ne Stunde ist wird nichts riskiert) und ich stehe mit drei weiteren Gestalten die ähnlich lustig aussehen in einer Meute 20-jähriger die gerade einen Stop von der einen Disko zu nächsten machen oder sich darauf vorzubereiten in einen Club zu gehen. Aber: es ist warm, man bekommt Cola bis zum Abwinken, hat was zu essen und kann sich waschen.
Wir dackeln so gegen 01:30 los und starten diesmal wirklich früh 02:45 auf den Weg zu den Schrammsteinen. Und täglich grüsst das Murmeltier. Ich war hier erst vor 24 Stunden. Vom Parkplatz den Schiessgrund hoch 15 Minuten leichter Anstieg. Dann am Fusse des Falkensteins 15 Minuten geradeaus bis zum Schrammtor, da durch und dann am Ende die Leitern hoch. Ich bitte darum den Mittelteil (15 Minuten gerader Weg) langsam zu gehen, wir haben ja Zeit, sind ne gute Stunde früher dran. Wir laufen damit nur 10 Minuten länger, kommen oben aber trotzdem völlig verschwitzt an. Wir sitzen in der Stille der Nacht, hören Rehböcke blöken und die ersten Vögel erwachen.
Der Plan ist diesmal das Blümchen und ich zur Aussicht gehen um das Foto zu machen welches ich am Vortag nicht machen konnte, und Andreas78 wird auf dem nächsten Hügel "geparkt". Von dort haben Björn und ich schon gute Bilder gemacht, es ist abermals kein Nebel in den Torsteinen (siehe oben) sondern nur im Kirnitzschtal, so das wir diese Stimmung schon gut eingefangen haben. Vom "Parkplatz" für Andreas mache ich noch ein Bild vom Falkenstein mit der Strassenbeleuchtung von Altendorf (04:15).
TP_FL_Schrammsteine_2 - 45 mm shift links/rechts, kleine Ecke gestempelt, Grauverlauf digital 1 Blende
Wenig später stehen Blümchen und ich am Aussichtspunkt und teilen sich ein Stativ. Es passt an dieser Stelle wirklich nur eines hin und wir haben die gleichen Schnellwechselsysteme so das dies einiges an Umbauzeit erspart.
Björn hat nur eine Telezoom mit um "das Bild" zu machen und schimpft wie ein Rohrspecht über die Blendenreflexe. Ich war ja an dieser Stelle schonmal und nehme meine Festbrennweite. Zwar bekomme ich auch Reflexe weil natürlich noch ein Grauverlaufsfilter vor das Objektiv muss, aber es ist lange nicht so schlimm. Ich beschliesse das Objektiv auf Blende 5,6 zu öffnen und den Blendenreflex mittig in das Bild einzubauen. Das Objektiv (90 mm Shift) wird dann nach links und rechts geshiftet, die Bildqualität ist dann zwar nicht mehr der Brüller, aber ausreichend für A3.
TP_FL_Schrammsteine_3, 90 mm shift links/rechts
Meine Freundin teilt Kaffee aus der Thermoskanne aus und wir geniessen den Sonnenaufgang. Das zwei Tage hintereinander so perfektes Foto-Wetter ist kann man als Glücksfall bezeichnen. Zufrieden sammeln wir Andreas auf dem nächsten Felsen ein. Um 08:00 bekomme ich meine eine Dusche und nach 48 (minus 3) Stunden wachsein auch mal eine Mütze voll Schlaf. Wir wollen uns am Abend wieder treffen, es gibt eine "Bergsteigerparty" wie Björn so schön schrieb und danach geht es natürlich zum fotografieren. Und ich hoffe die Zeitschleife durchbrechen zu können und mal einen Tag nicht auf die Schrammsteine zu müssen.