Hier sind meine ersten Eindrücke aus der Praxis mit der D3:
Grundsätzlich: Die insgesamt sehr positive Resonanz im Web auf die ersten Aufnahmen mit der D3 kann ich nur teilen. Die Bildqualität ist tatsächlich so gut, dass ich mich schon zwingen muss, sachlich zu bleiben. Ich will nicht verhehlen, dass ich mir seit Mai immer wieder überlegt hatte, zumindest in der Action-Fotografie auf die MkIII zu wechseln und daher sowohl deren Bildqualität als auch die der MkIIn ganz gut kenne. Ich hatte im September die Turn-WM als "Chief Photographer" (furchtbarer Begriff) abzudecken, da wären die schnelle Bildfolge, ein super AF und eine gewisse Rauschfreiheit sicher kein Nachteil gewesen. Ohne zu viel auszuplaudern: schon VOR dem Verkaufsbeginn der MkIII war bereits bekannt, dass es mit dem AF dieser Kamera Probleme geben würde! Das und die Tatsache, dass ich so schnell kein 200/1,8 L bekommen würde, hielten mich dann zurück, und mit der D2Xs habe ich dann auch sehr ordentliche Aufnahmen machen können

Jetzt aber zur D3: Rauschverhalten ist absolut traumhaft, entsprechende Berichte von Dave Black etc. kann ich aus der Praxis jetzt endlich bestätigen (war immer sehr misstrauisch). Ich habe gestern mit dem kreisrunden Fisheye von Sigma (nicht gerade das Auflösungswunder!) Aufnahmen von einem Einkaufszentrum bei Mischlicht (oben natürliches Restlicht, unten Kunstlicht, von ganz hell bis tiefschwarz) gemacht und ein einer Reihe von ISO 640 bis ISO 6400 muss man schon genau hinschauen, um Unterschiede zu erkennen. ISO 12500 (Hi1) wird dann schon recht körnig und ISO 25800 (Hi2) sollte man nicht mehr benutzen. Aber ISO 6400 und ggf. ISO 8000 sind (auch je nach Motiv) relativ unproblematisch.
Heute dann einen kleinen Kongress fotografiert, überwiegend mit Blitz und ISO 800, der Weißbabgleich sitzt perfekt, man muss nichts mehr rumfummeln, bis die Farben stimmen.
Danach war ich noch kurz im Zoo, um niedrige ISOs (400-1000) zu testen, auch die sind ganz hervorragend, die Dateien wirken ausgesprochen lebendig und "rein". Es ist schwer, diese Ergebnisse in Worte zu fassen, aber die Tieraufnahmen und das Grün kommen sehr natürlich rüber. ISO 1000 sind natürlich in der Tierfotografie eine neue Stufe, man kann auch mal abblenden, um beide Augen scharf zu bekommen, ohne dass man die Verschlusszeit verringern muss. Der Weißbagleich war in der Natur allerdings nicht ganz so perfekt, das muss ich weiter beobachten, ich hatte einen leichten Hang Richtung magenta.
Der AF war eigentlich meine größte "Sorge", aber hier Entwarnung auf voller Ebene. Selbst mit der 1DIIn und ihrem hervorragenden AF hatte ich nicht solch sichere Ergebnisse. Wo das AF-Messfeld hinfällt, da stellt es auch scharf. Toll auch beim 3D-AF, wie man im Sucher verfolgen kann, wie das rote Rechteck beispielsweise auf dem Auge des Tieres fokussiert bleibt, während man mit der Kamera rumwackelt. Der Nachführ-AF dürfte selbst eine MkIII locker schlagen, so sie funktioniert (habe leider keine wirklich funktionsfähige zum Vergleich und keiner meiner Kollgegen traut sich derzeit, eine zu kaufen...). Ich habe noch nicht alle AF-Arten wirklich ausprobieren können (Bedienungsanleitung habe ich auch noch nicht), aber wenn man den 3D-AF nutzt, sollte man das Messfeld auch ganz genau auf die Position setzen, welche scharf werden soll, ich kann mir vorstellen, dass das in der Hektik manches Mal misslingen wird. Am kommenden Samstag spielt Stuttgart gegen Bayern, da werde ich dann den AF hoffentlich fordern können.
Die Umstellung der AF-Betriebsarten geht durch den neuen Schalter schneller (da leichtgängiger) als bei der D2x, allerdings kann man die Zahl der Felder (9, 51 etc.) nur über IF einstellen, das könnte vielleicht ein Handicap sein, aber dazu muss ich erst mehr über die Kamera und ihr Verhalten wissen.
Was den Puffer anbelangt, so war ich erst enttäuscht, dass in JPEG OPTIMALE BILDQUALITÄT nur 21 Bilder in Folge angezeigt werden (ab ISO 1600 nur 13), aber in der Praxis ist der Speicher bei schnellen Karten kaum zu bremsen. Eine 8 GB UDMA von Lexar kann man mit 9 B/sec ohne Unterbrechung bis 130 Bilder "zumüllen" (das ist der maximal von der Kamera zulässige Wert für eine einzige Serie). Mit einer alten Lexar 1GB waren es aber auch 34 statt 21 Aufnahmen. Wer die hohe Frequenz aber lange ausnutzen möchte, sollte sich aktuelle Speicherkarten gönnen.
Sucher und Display: viel wurde schon drüber geschrieben, die meisten von Euch werden die Kamera schon in der Hand gehalten haben. Sehr schön, aber man gewöhnt sich auch sehr schnell dran und sieht es als Selbstverständlichkeit an. Da ich an den D2X-Gehäusen die MK-31 hatte, kam mir das Sucherbild im Vergleich auch schon gar nicht mehr so groß vor. Die Lichtwaage im Sucher ist jetzt rechts, ich arbeite viel manuell, muss jetzt also immer nach rechts schauen beim Belichtungsabgleich. Gefällt mir nicht so sehr, ist vielleicht aber ein Zugeständnis an die vielen Canon 1D-Fotografen, die das gewöhnt sind, und denen der Umstieg nicht so schwer fallen soll

An Objektiven kann ich das 14-24 nur empfehlen, es ist am Rand schärfer und freier von CA als das 14er. Abblenden ist nicht nötig, wenn man Qualität gewinnen will, ab 5.6 macht sich möglicherweise bereits Beugungsunschärfe bemerkbar, aber das kann ich noch nicht wirklich verifizieren. Die offene Blende ist jedenfalls bis in den Rand sensationell gut. Das 24-70 ist bei offener Blende leicht besser als mein 28-70, bei 5,6 sind sie aber identisch. Die CA ist etwas geringer, die Reflexanfälligkeit will ich noch testen. Das 400/2,8 VR wünsche ich mir schon seit fast 2 Jahren, jetzt endlich ist es da. Mechanik und Optik wie bei allen langbrennweitigen Nikkoren vom Feinsten, der neue Stativ-VR funktioniert bestens (witzig nur, dass man ihn jetzt seltener benötigt, da man ja relativ problemlos die ISOs hochdrehen kann), die Sonnenblenden sitzen auch endlich richtig fest UND: das Teil lässt sich endlich ruckfrei von Quer- aufs Hochformat und wieder zurück drehen. Ein Detail, das in der Praxis enorm wichtig ist, denn die Zugkräfte am Kamerabajonett sind nicht zu unterschätzen. Der neue AM-Modus ist o.k., aber der ganz alte A-Modus (keine manuelle Beeinflussung möglich) hätte es auch getan.
Mit der D3 hat Nikon m.E. wirklich eine Hammerkamera fertiggestellt und all jene belohnt, die bei Nikon ausgeharrt haben. Ich bekomme allerdings in den letzten 2 Monaten mehr Anfragen von Canon-Usern, die sich über die Qualität erkundigen, als von Nikon-Kollegen. Das war auch nicht immer so.
Gibt's auch was Negatives? Na ja, je nachdem: Vollformat heißt für mich, dass 400mm manchmal ein bisschen kurz sind, womöglich brauche ich irgendwann mal ein 600er. Aber vielleicht schau ich mir stattdessen vorher mal die D300 an...
Gruß
Michael Weber
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