Ein Tele mit 600mm Brennweite und guter optischer Leistung für wenig Geld, gibt es das?
Wenn so eine Frage kam, hat AndreasH häufig auf das Novoflex Schnellschussobjektiv hingewiesen. Vor 20 Jahren in der Zeit der manuellen Fokussierung ein Traumobjektiv für Amateure, inzwischen für wenig Geld bei ebay zu bekommen. Das Novoflex ist ein Baukastensystem mit einem Grundhalter, an den der Blendenring und ein Objektivkopf (400/5.6 oder 600/8 ) angeschlossen wird. Die Adaptierung an die Kamera erfolgt mit einem Adapter, den es für viele verschiedene Kameratypen gibt. Kein Autofokus, keine automatische Springblende, also ein rein mechanischer kleiner Bajonettadapter. Damit an der D70 leider keine Belichtungsmessung, wie bei allen MF Objektiven.



Auf der Suche nach eine langen Brennweite für "meine" Graureiher bin ich Andreas Tipp gefolgt und habe solch ein Objektiv ersteigert, für insgesamt unter 300€ incl. Nikon Adapter, den ich nachkaufen musste. Genauer gesagt: einen Pistolengriff mit 600/8 Objektivkopf und passendem Novoflex 2-fach Konverter. Erste Erfahrungen möchte ich hier berichten.
Nachdem ich ein Büchlein über das Novoflex-System in der Bücherei gefunden und gelesen hatte, war ich etwas skeptisch. Ein 600mm Objektiv bestehend aus 2 (zwei!) Linsen? Aber tatsächlich, es funktioniert!
Mechanisch gesehen deutsche Wertarbeit, Präzision vom Allerfeinsten. Allein die fast perfekt runde Blende, siehe Bild .... alles sehr liebevoll gemacht. Die Pistolenform hat auch durchaus Sinn: vorne ist ein Taster für eine elektrische Auslösung der Kamera (Anschluss ist 2.5mm Klinkenstecker) und mit dem hinteren Griff wird fokussiert, durch gefühlvolles Reindrücken eines Griffs. Klingt seltsam, funktioniert aber wirklich feinfühlig, weil jeweils nur ein Teil des Entfernungsbereichs durchfahren wird. Für Nutzung auf dem Stativ gibt es einen Feststellknopf, um die gewählte Entfernung festzuhalten. Absolut spielfrei und präzise. Die Einstellung des groben Entfernungsbereichs erfolgt getrennt an einem Auszug, der von Hand eingestellt und dann verriegelt wird.
Gestern hatte ich das Objektiv erstmals ernsthaft im Einsatz, und dann gleich mit dem Telekonverter, also 1200mm Brennweite (Kleinbild-äquivalent 1800mm). Und diese Brennweite will gebändigt werden. Aufgrund der Brennweite und der Bauläge ist es auf meinem Manfrotto 055 mit MA468 Kugelkopf sehr schwierig, auch nur den Ausschnitt vernünftig zu wählen. Bei Festsetzen des Kugelkopfes versetzt der Bildausschnitt um 1-2 Sucherhöhen, also ist entsprechender Vorhalt nötig. Schnell ist klar, warum die ernsthaften Tieffotografen mit den langen Tüten sehr teure Stative und Köpfe benutzen. Und man merkt, daß das Novoflex für Freihandfotos gemacht ist, die Stativhalterung ist ungünstig positioniert und instabil und alles wackelt und zittert bei der kleinsten Berührung. Aber irgendwie geht es dann doch, mit Rucksack zur Beschwerung an das Stativ gehängt.
Also Spiegelvorauslösung, ISO auf 400/800 für erträgliche Belichtungszeiten (Blende 8 + TC = effektiv Blende 16 ergab Zeiten von 1/100 bis 1/400s) und mit der 2-fachen Vergrößerung des Winkelsuchers fokussiert. Dies ist der mühsamste Teil! Erstaunlich, daß man bei Blende 16 überhaupt noch etwas erkennt! Eine schnelle Fokussierung in ein paar Sekunden ist schwierig, aber mit eine paar Versuchen und einer halben Minuten sorgfältiger Justierung steht der Fokus.
Was dann heraus kommt, mit 600mm und dem Novoflex 2-fach TC = 1200mm Brennweite bei Offenblende (f16

Ohne Konverter dürfte das Objektiv richtig fein scharf sein, und wenn's sein muß kann man auch Abblenden ...

Graureiher mit Novoflex 600/8 und 2-fach TC (effektiv 1200mm), 1/100s, 400ISO
edit: Noch eins

Graureiher mit Novoflex 600/8 und 2-fach TC (effektiv 1200mm), 1/500s, 400ISO