Stiftung Warentest und die Hintergründe des D70-Tests
Verfasst: Mo 23. Aug 2004, 12:00
Moin,
viele werden sich noch an das recht vernichtende „Befriedigend-Urteil“ der Stiftung Warentest über die D70 erinnern. Das war ja hier ausführlich diskutiert worden. (Weil der Ausgangs-Tread jetzt zum "Neuen Blatt" übergegangen ist, mache ich einen neuen auf.)
Mich hat das nicht ruhen lassen, zumal das „test“-Ergebnis nicht nachzuvollziehen war. Ich habe mich dann per Mail an die Pressesprecherin gewandt, weil die auf der Homepage genannt ist. Daraus hat sich ein längerer Schriftwechsel mit dem zuständigen Test-Ingenieur Markus Bautsch entwickelt, den ich Euch (mit seiner Zustimmung) nicht vorenthalten will, vielleicht auch, weil sich das Ganze – auch – wie ein Einkaufsratgeber liest.
Es ist leider viel Text, und in seine erste Antwort hat er Text-Bausteine eingebaut, die schon zitiert wurden. Aber seine Argumentation ist dann doch sehr viel differenzierter geworden, als es der Beitrag in test sein konnte. Ich fand es schon erstaunlich, dass er so ausführlich Rede und Antwort gestanden hat. (Und ich hatte eigentlich auch anderes zu tun...)
Vielleicht hat dazu beigetragen, dass dieser Bericht wohl doch zu mehr Wirbel geführt hat, als ich vermutete, oder, wie er selbst schreibt, „zu vielen irritierten Profis“.
Nun die Mails:
Betreff: Digitalkameras; digitale Spiegelreflexkamera Nikon D70
Sehr geehrte Frau van Laak,
ich habe mich doch noch entschlossen, eine kurze Bemerkung zu der Bewertung der D70 im August-Heft zu verfassen, weil ich einerseits die "test" immer sehr geschätzt habe, andererseits die "befriedigende" Beurteilung in Fachkreisen zu vielfältigen Reaktionen geführt hat, von Kopfschütteln bis Verständnislosigkeit.
Vielleicht reicht schon der Hinweis, dass die D70 auf internationaler Ebene gerade von Fachleuten (!) zu "Europas digitaler Spiegelreflex der Jahre 2004 - 2005" gekürt worden ist: http://www.fotografie-forum.de/index.php?p=325 Dass auch deutsche Foto- und Computer-Zeitschriften die D70 als "herausragend" oder "bereitete Freude nicht nur im Labor" betitelt haben, sei nur am Rande bemerkt. Und der feine Unterschied ist: Bei den anderen Tests lagen die technischen Kriterien nachvollziehbar offen, bei Ihnen nicht.
Was mich daran wurmt ist, dass die bisher von mir sehr geschätzte "test" einen Ingenieur seine persönlichen Präferenzen für Kompaktkameras ausleben lässt. Jemand, der mit dieser Spiegelreflex im Automatik-Modus fotografiert, hat nicht verstanden, dass das keine Cam für Anfänger ist. und dann darf man noch die Frage stellen, was an einer DSLR das getestete Objektiv mit dem Body zu tun hat. Bemäkelt wurde auch der interne Blitz. Ist schon irgend wo ein (D)SLR-Fotograf entdeckt worden, der damit fotografiert? Statt dessen kein Wort über die hoch gelobte iTTL-Technik, die Nikon mit der D70 eingeführt hat.
Fazit: Ich kenne KEINEN Profi, der nicht mit einer DSLR fotografiert. Und Sie müssen sich schon fragen lassen, wieso eine Kamera, die nicht nur bei mir erstklassige Fotos macht und zu einer europäischen Auszeichnung kommt, bei Ihnen wertungsmäßig dermaßen vernichtend beurteilt wird, schlechter als alle "Billig-Knipsen".
Nicht als Leserbrief gedacht.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Bierschwale
"Bautsch, Markus" schrieb:
Sehr geehrter Herr Bierschwale !
Wie Sie sich sicherlich denken können, sind Sie nicht unser erster Leser der sich über das Testergebnis der D70 wundert, bzw. sogar ärgert. Lassen Sie mich bitte im folgenden unseren Standpunkt darlegen. Wir haben nicht das Gehäuse der D70getestet, sondern ein sogenanntes Kit, das aus der D70 und einem eher einfachen Zoomobjektiv (Nikkor AF-S DX 18-70 G ED)besteht. Unsere Zielgruppe ist mit Sicherheit nicht die Gemeinde der Berufsphotographen, sondern die Gruppe der Hobby- und Amateurphotographen.
Selbstverständlich ist uns aufgefallen, dass eine Kamera, die sonst gelobt wird, bei uns nicht so gut abschneidet. Wir haben sofort eine zweite Kamera getestet, um auszuschließen, dass wir ein "Montagsprodukt" gekauft haben. Dieser Einkauf geschah übrigens anonym, da wir uns von den Herstellern keine(optimierten) Kameras zu Testzwecken zur Verfügung stellen lassen, wie es praktisch alle anderen Tester machen.
Darüber hinaus haben wir uns sofort mit Nikon in Verbindung gesetzt. Aus den Gesprächen ergab sich, dass die Bildqualität mit noch höherwertigen Objektiven verbessert werden kann, was wir mit einigen Objektiven auch überprüft haben. Dies haben wir in unserem veröffentlichten test-Kommentar zum Ausdruckgebracht. Ferner bietet Nikon seit kurzer Zeit ein Firmwareupdate an, das zumindest teilweise die Bildqualitätverbessert. Siehe: http://nikoneurope-de.custhelp.com/cgi- ... neurope_de.
Wie üblich haben wir alle Messergebnisse vor Veröffentlichung an Nikon zur Begutachtung weitergeleitet. Von dort wurden unsere Ergebnisse nicht beanstandet oder angezweifelt.
Es gibt eine ganze Anzahl von Kritikpunkten, die zur schlechten Bewertung der Bildqualität geführt haben:
Bei einer Systemkamera lässt sich der eingebaute Blitzpraktisch nicht auf alle möglichen Wechselobjektive optimieren. Wir bewerten nicht nur die Reichweite, sondern auch die Verteilung des Lichtes, insbesondere beiweitwinkligen Aufnahmen, die Wirkung bei Aufnahmen im Telebereich und die intelligente Dosierung des Blitzlichtes. Hier konnten wir der D70 gerade noch ein "gut" attestieren. Viele Besitzer einer D70 werden sich jedoch sicherlich mit einem externen Blitzlicht behelfen. Aber warum hat Nikon der Kamera ein Blitzlicht eingebaut, wenn es Ihrer Meinung nicht verwendet wird ? Es gibt jedenfalls Kompaktkameras, die das Blitzen mit dem internen Blitzlicht sogar mit einem achtfachen Zoom "sehr gut" hinbekommen !
Bei der Bildqualität im Automatikbetrieb gibt es einige Gründe, die zu einer insgesamt moderaten Bewertung führten. Sicherlich war es nicht die Auflösung, die wir schlecht bewertet haben und die bei vielen Testergebnissen einen viel zu großen Stellenwert innehat.
Zunächst waren die Bilder deutlich zu dunkel belichtet, was man mit manueller Korrektur oder mit der Hilfe eines Bildbearbeitungsprogramms allerdings ausgleichen kann, da die Kamera über genügend dynamischer Reserve in den dunklen Bereichen verfügt, aber man muss dies dann halt auch machen und kann sich nicht auf die Automatik verlassen.
Die Vignettierung der geprüften 18-70 mm Objektive war ungewöhnlich groß. Bei unseren D70 Modellen haben wir aber auch bei Telebrennweite (80 mm) und offener Blende eine deutliche Vignettierung festgestellt. Die meisten anderen Kameras haben hier wesentlich bessere Werte erreicht. BeimE1-System von Olympus werden z.B. die im Werk gemessenen Daten vom Objektiv auf das Kameragehäuse übertragen. Hier besteht die Möglichkeit, dass die Kamera diesen Bildfehlerautomatisch kompensiert. Sogar Sucherkameras der neuen Generation, wie z.B. die HP 707 verfügen über eingemessene Objektive, deren Daten in der Kamera gespeichert sind. Auch diese Daten werden zur automatischen Bildoptimierung herangezogen.
Makroaufnahmen waren mit dem geprüften Objektiv naturgemäß schwierig und bei schlechten Lichtverhältnissen waren die Ergebnisse mehr als ernüchternd. Hinzu kommen hässliche farbige Moiré-Effekte in einigen Aufnahmen von strukturierten Flächen.
In unserem test-Kommentar unter dem Produktphoto, haben wir darauf hingewiesen, dass sich die D70 bei manuellen Eingriffen "achtbarer" schlägt. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass viele andere Kameras, vor allem auch Kameras mit fest eingebautem Zoomobjektiv, in vielen alltäglichen Situationen bessere Photos machen als die D70.
Wir haben auch nicht damit gerechnet, dass wir eines Tages ausgerechnet eine teure Spiegelreflexkamera wegen ihrer nur "befriedigenden" Bildqualität abwerten werden. Bei der D70war es jedoch der Fall. Wie gesagt bezieht sich das Urteil auf den automatischen Betrieb, aber auch bei manuellem Eingriff ist die Bildqualität der Kamera bei weitem nicht "sehr gut".
Es gibt immer mehr Spiegelreflexfreunde, die sehr überrascht sind, wenn sie das erste Mal mit einer OlympusC8080, einer SONY F828, einer Konica Minolta A2 oder auch mit einer Nikon Coolpix 8700 photographieren. Sie stellen fest, dass diese Kameras, wenn man von der Unmöglichkeit absieht, das Objektiv zu wechseln, digitalen Spiegelreflexkameras teilweise überlegen sind. Zudem sind sie auch noch preiswerter. Die fest eingebauten Objektive sind in aller Regel makrotauglich, was man von Wechselobjektiven oft nicht erwarten kann.
In bestimmten Situationen ist es von Vorteil, dass die Sucherkameras fast völlig lautlos photographieren können. Gerade mit einer integrierten, aktiven mechanischen Bildstabilisierung kann man auch ohne Blitz in geschlossenen Räumen photographieren (Panasonic FZ-Serie, Konica Minolta A1/ A2, Canon S1 IS). Konica-Minolta will mit der Dynax 7Digital erst demnächst die erste Spiegelreflexkamera mit einer solchen Bildstabilisierung auf den Markt bringen.
Auch bei diesen hochwertigen Sucherkameras gibt es übrigens die Möglichkeit, mit Tele- und Weitwinkelkonvertern zu arbeiten, um die Brennweite der fest eingebauten Objektive zu verändern.
Das Licht für den Autofokus muss bei Kompaktkameras nicht aus dem Strahlengang ausgekoppelt werden, so dass der Autofokus auch bei ziemlich schlechten Lichtverhältnissen gut funktioniert, denn die Prozessoren und Chips sind inzwischen sehr viel leistungsfähiger und empfindlicher geworden. Dabei lässt sich interessanter Weise auch feststellen, dass die Autofokussysteme von Spiegelreflexkameras meist nicht optimal scharf stellen, womit der Auflösungsvorsprung den diese Systeme haben in der Praxis oft zunichte gemacht wird. Profis arbeiten hier daher ohne den Autofokus.
Sucherkameras sind i.a. kleiner und leichter als ihre Spiegelreflex-Schwestern, da sie über keinen Klappspiegel und kein Sucherprisma verfügen. Die Sucherkameras mit elektronischem Sucher zeigen auch ziemlich exakt den Ausschnitt, der tatsächlich photographiert wird. Der einzige Nachteil ist ggf. eine kleine Farbabweichung, die der elektronische Sucher resp. Monitor hat. Der große Vorteil ist jedoch, dass das Bild (z.B. bei schwachen Lichtverhältnissen)elektronisch optimiert werden kann (Kontrast- und Helligkeits- oder sogar Gammaanpassung). Der Monitor kann bei Spiegelreflexkameras gar nicht zur Motivsuche verwendet werden, da der Spiegel den Bildwandler verdeckt. Vielleicht gibt es ja bald Systemkameras mit elektronischem Sucher, der Markt dafür wäre sicherlich sowohl bei Profis, als auch bei Amateuren vorhanden.
Ich will hier kein Plädoyer für Sucherkameras oder gegen Spiegelreflexkameras halten, sondern nur sachlich darlegen, wie der Stand der Technik sich im Augenblick darstellt. Wer nicht mit mehreren Festbrennweiten photographieren möchte, ist heute mit Kompaktkameras besser bedient, als mit Spiegelreflextechnik. Wer sich für eine digitale Spiegelreflexkamera entscheidet, tut dies nicht aufgrund der Bildqualität, die er mit dem mitgelieferten Standardzoom erreicht, sondern weil er seine alten Objektive weiterverwenden will, oder weil er ein der Aufnahmesituation angepasstes Wechselobjektiv oder sogar einen Balgen wählen kann.
Die Auflösung und Bildqualität eines Makroobjektivs mit Festbrennweite bleibt einfach unerreicht. So etwas ist aber halt nur mit Systemkameras zu bewerkstelligen. Das entsprechende Budget bleibt Berufsphotographen und sehr ambitionierten Amateuren vorbehalten.
Ich hoffe, dass diese Antwort ein wenig zur Klärung beiträgt, auch wenn Sie möglicherweise untröstlich sind. Ich bin mir sicher, dass Sie mit einer D70 auch sehr zufriedenstellende Ergebnisse erreichen, nur nicht so einfach und problemlos, wie mit unseren Testsiegern ! Ich kenne eine Reihe von Profis, die es wagen, mit einer hochwertigen, digitalen Kompaktkamera zu photographieren. Zum Teil erscheinen sogar schon Titelphotos in Hochglanzmagazinen, die im Photostudio mit solchen Kameras gemacht wurden. Die Auftraggeber haben keinen Grund sich darüber zu beklagen, weil die Qualität auch mit dieser Technik inzwischen stimmt. Gerade viele Presseprofis nutzen die Flexibilität, die ihnen mit einer modernen, leicht transportfähigen Lösung (sprich Kompaktkamera mit leistungsfähigem Zoom) geboten werden. Im übrigen sprechen die Verkaufszahlen für sich.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Bautsch
Bereich Untersuchungen
Sehr geehrter Herr Bautsch,
ich schicke dennoch eine Kopie an die Pressesprecherin, denn solch dünnen Argumente rächen sich langfristig in der Glaubwürdigkeit und der Auflage der test, was ich sehr bedauern würde. Nur deswegen mache ich mir die Mühe.
Im März 2004 war ich auf einer der ersten Präsentationen der D70 in Deutschland. Da traf ich eine Reihe von Bildredakteuren: Wieso interessieren sich die Redaktionen für DSLRs? Ihre Argumentation richtet sich ja nicht nur gegen die Nikon D70, sondern gegen die DSLRs insgesamt. Nach Ihrer Argumentation sind die Profis offenbar alle fehlgeleitet. Aber danke für Ihre prompte Antwort, große Teile ihrer Argumentation kannte ich schon, weil die schon anderen zugegangen sind, OK: Man kennt sich eben.
Ich will nur eine halbwegs kurze Antwort geben, zumal ich nicht untröstlich bin: Bei mir erzielt die D70 erstklassige Fotos. Das ist bei den Kollegen und Ko-Fotografen völlig unstrittig. Sie reden vom Stand der Technik. Das klingt wertfrei und professionell, aber der "Stand der Technik" stellt sich denn doch anders dar, beispielsweise in der Belichtungsfrage. Nicht nur, dass Sie nicht darauf eingegangen sind, warum - nehmen wir mal die COLOR-FOTO wegen potentieller Korruption raus, denn das unterstellen Sie den Kollegen doch mit Ihrem tränentreibenden Hinweis auf die Anzeigenfreiheit! - ist die D70 denn bei der c´t IM LABOR ausgezeichnet abgeschnitten? Die Zeitschrift hat sich doch längst einen Ruf größerer Neutralität und Sachkunde als selbst die "test"(!) erworben.
Und dann noch die europäische Auszeichnung. Alles Amateure - außer Ihnen? Kein Wort über das Bildrauschen der Kompakten. Für jemanden wie mich, der häufig Theater- und Konzertfotos macht, ist das ein wesentliches Kriterium. Fotos vom Kompakten sind da DER Brüller, die hilflosen Versuche der Kompakten kenne ich zur Genüge. Lichtstärke 1.4, 1.8 - bei Kompakten? Kein Thema bei test. Wieso bei Profis und Ambitionierten?
Sie kritisieren die dunkle Belichtung der D70. FACHleute nennen das "zurückhaltend" oder "knapp", und im Gegensatz zu Ihnen loben die das ausdrücklich aus einem simplen Grund: Die Gefahr von Spitzlichtern (Detailverluste wegen Überbelichtung) ist sehr viel geringer, und man kann die Belichtung bei den RAW("NEF")-Fotos der D70 (natürlich auch anderen) verlustfrei um mehrere Blendenstufen anheben. DAS bringt gute Fotos.
Aber RAW: kein Thema für Sie. "Stand der Technik"...Interner Blitz: Na dann machen Sie doch mal mit einer Ihrer offensichtlich geliebten Kompakten ein Blitzfotos mit voll ausgefahrenem Zoom über 10 Meter. Schon probiert? Duster, duster (und rotstichig) wird´s.
Makros. Mit dem Kit-Objektiv??? Welcher halbwegs versierte Fotograf probiert es damit? Ein "richtiges" Makro-Objektiv an einer Spielreflex hängt JEDE Kompakte ab. Übrigens, weil ich keine Verträge mit Nikon habe: auch mit Canon und anderen... Haben SIE es mal probiert? Ich will nicht auch noch Ihre anderen Argumente durchdeklinieren. Das verliefe ähnlich. Die wenigen Sätze, die Sie über die D70 geschrieben haben, schaden weniger dem Ansehen dieser Cam und der hochklassigen Qualität der DSLRs insgesamt. Dieses Käuferpotential macht sich woanders schlau, Stichwort: Fachzeitschriften & Internet-Foren. Nein, Sie haben dem Ansehen von test geschadet. Sehr eigenartig ist Ihr Verweis auf die Verkaufszahlen der Kompakten. BILD sei also "besser" als ZEIT, FAZ, Süddeutsche oder vergleichbare? Wird die test jetzt die BILD-Zeitung der Verbraucher? Kennen Sie die Verkaufszahlen von Schuhmachers Ferrari? Die D70 gehört sicher nicht in diese Kategorie, aber die DSLR-Profi-Cams taugen nach Ihrer Argumentation auch nichts: geringe Verkaufszahlen!
Kopfschüttelnd
Peter Bierschwale
Sehr geehrter Herr Bierschwale!
Mir ist Ihre Reaktion ehrlichgesagt ein wenig zu emotional ausgefallen. Eigentlich wollte ich gar nicht mehr auf Ihr letztes Schreiben antworten, erlaube mir aber dennoch noch einen Versuch.
Ich habe auch überhaupt keine Bedenken unsere Pressesprecherin, Frau van Laak, über diesen Briefwechsel zu informieren. Ich betone nochmals, dass wir nicht der D70, sondern dem Kit D70 + Nikkor 18 - 70 mm eine Note gegeben haben. Ich hatte in meiner Antwort gute Gründe genannt, warum professionelle Photographen nicht auf eine Spiegelreflexkamera verzichten wollen. In Ihrer E-Mail wiederholen Sie genau diese als Argumente gegen die Veröffentlichung der Stiftung Warentest in test.
Die Leser unserer Zeitschrift test kaufen sich eine Spiegelreflexkamera allerdings nicht, weil sie diese mit einem Objektiv mit 50 mm und einer größten Blende von 1.4 betreiben wollen, sondern in aller Regel mit einem oder mehreren Zoom-Objektiven. Mit den Verkaufszahlen bezog ich mich auch auf die (Zoom-)Wechselobjektive, die für Spiegelreflexkameras tatsächlich verkauft werden. Es sind nämlich etwa viermal so viele Zoomobjektive wie Festbrennweitenobjektive.
Wir arbeiten daran, den Verbraucher darüber aufzuklären, dass es besser ist, eine hochwertige Kompaktkamera zu kaufen, als eine nur scheinbar höherwertige Spiegelreflexkamera mit einem Wald- und Wiesen-Zoom, was im Zweifel zudem sogar noch teurer kommt. Wir vergleichen dabei nicht Bild und Ferrari, sondern auch Kameras und Objektive von ein und demselben namhaften Hersteller, z.B. Nikon. Ich finde ich es alles andere als nachvollziehbar, wie Sie darauf kommen, aus meinen Argumenten abzuleiten, ich fände Profis fehlgeleitet. Es ist doch wohl selbstverständlich, dass sich diese in Fachzeitschriften und nicht in test informieren, obwohl das aus meiner Sicht manchmal auch ganz hilfreich sein könnte.
Profis arbeiten häufig in Photostudios, wo ausreichend Licht vorhanden ist. Nach meinen Beobachtungen wird dabei weitgehend manuell fokussiert. Auch Sportphotographen werden sich meist nicht den Luxus leisten können, mit kontinuierlichem Fokus zu arbeiten, sondern manuell vorfokussieren, weil sie dann wesentlich punktgenauer auslösen können. In diesen Fällen stört sich natürlich auch niemand an einem unzulänglichen Autofokus.
Gerade dieses Thema interessiert aber unsere Leser besonders, weil sie in aller Regel und bei allen möglichen, auch ungünstigen Gelegenheiten mit dem Autofokus arbeiten. Dies müssen wir bei unseren Tests natürlich berücksichtigen.
Wir haben eine andere Leserklientel als die Magazine vom Heise-Verlag und legen daher auch in einigen Teilen andere Maßstäbe an die Geräte. Die Auflösung, die in vielen Magazinen so hoch gehalten und so gewichtig bewertet wird, spielt bei uns z.B. eher eine untergeordnete Rolle. Ich versichere Ihnen aber, dass keine der anderen Testorganisationen so aufwendige, subjektive Sehtests durchführt, bei denen alle Produkte, die im Laufe eines Jahres getestet werden, verglichen werden können. Das kostet viel Geld, dafür ist sehr viel Testpersonal nötig und das dauert seine Zeit. Sie können sich sicher sein, dass wir das alles keineswegs auf die leichte Schulter nehmen.
Ich würde mich wegen der Geräuschentwicklung nicht wagen, bei einem Konzert- oder Theaterbesuch mit einer Spiegelreflexkamera zu photographieren. Ich könnten natürlich immer warten, bis das Publikum klatscht, dann werde ich aber keine Szenenphotos mit nach Hause nehmen. Ich habe aber schon Photographen erlebt, die während der Aufführung durch die Gänge gehen und allerorten hemmungslos darauf los knipsen und sogar blitzen, und denen es offenbar egal ist, ob das jemanden stört. Profis sind da nicht ausgenommen, am schlimmsten sind aber Angehörige bei Schulaufführungen, deren Kameras dann auch noch plötzlich den Film automatisch zurückspulen.
Gegen eine Panasonic FZ10, deren Leica-Objektiv mit 12-fachem Zoom (!) und durchgehender Lichtstärke 2.8 eine aktive Bildstabilisierung hat, dürften Sie in solchen Situationen mit einer DSLR nicht viel Staat machen können, jedenfalls stehen Sie mit Sicherheit nicht hilflos da. Meine eigenen Versuche in dieser Richtung waren in dieser Hinsicht mehr als überzeugend. Ich bin gespannt, wie sich die Dynax 7 D von Konica Minolta anlässt. Es ist nicht sicher, ob das Prinzip auch bei älteren Minolta-Objektiven die gleiche Wirkung hat.
Jedenfalls sind Sie auch mit einer solchen Kamera wesentlich auffälliger, was den Platzbedarf (denken Sie an die Größe der Kamera und die vielen Objektive, die Sie mitnehmen und wechseln müssen) und die Geräuschbelästigung betrifft. Bei einer Systemkamera können Sie das Makroobjektiv bei einer Theateraufführung zu Hause lassen. Das ist in diesem Fall dann wenigstens kein Nachteil.
Selbst verständlich untersuchen wir auch das Rauschverhalten der Kameras. Wenn es besonders stark, oder besonders gering (wie z.B. bei der Nikon Coolpix 8700) ist, dann erwähnen wir das expressis verbis in unseren test-Kommentaren. Sowohl bei 1 cd/m² als auch bei 15 cd/m² waren die Messwerte der 8700 besser als die der D70, obwohl sie einen kleineren Chip und mehr Pixel hat !
Bei den Eröffnungsfeierlichkeiten zu den Olympischen Spielen war das Stadion fast schon durch die unzähligen Photoblitze erleuchtet, die natürlich für die betreffenden Photos völlig wirkungslos waren. Allein das waren Tausende von Photographen, die gar nicht wissen wie und ob sie das Blitzlicht ihrer Kamera deaktivieren können. Sollen wir das Blitzlicht in diesem Spannungsfeld zwischen Ahnungslosen und ambitionierten Amateuren nicht testen, weil es sowohl sinnlos eingesetzt wird, als auch wegen leistungsfähigerer externer Blitzgeräte überflüssig sein kann ?
Ich kann Ihnen jedenfalls sagen, was ich mit einer Kompaktkamera täte, wenn ich ein Motiv in zehn Metern Entfernung photographieren wollte: Ich würde den gleichen externen Systemblitz verwenden, den auch Sie an Ihre Spiegelreflexkamera anschließen würden und dann wäre das Bild genauso gut ausgeleuchtet, wie in Ihrem Fall. Ein elektronischer CCD-Chip lässt sich zudem wesentlich schneller steuern, als ein mechanischer Klappspiegel. Ein eher schlechtes Argument für Spiegelreflexkameras.
Die Nikon Coolpix 8700, die auch über TTL-Messung und Vorblitz verfügt, wäre da sicherlich kein schlechter Vergleichskandidat, haben Sie sie schon ausprobiert ? Der automatische Messblitz bei der iTTL-Technik hat jedenfalls schon bei so manchem Schnappschuss einen wunderschönen Augapfel unter seinem Lid verschwinden lassen. Sollen wir unseren Lesern z.B. empfehlen, bei der Aufnahme auf die inzwischen auch sonnenlichttauglichen Monitore zu verzichten ? Wenn ich mir ansehe, wie die Leute inzwischen photographieren, möchte ich behaupten, dass es durchaus Stand der Technik ist, mit einem Monitor auf Motivsuche zu gehen.
RAW ist für uns ein Thema ! Bei Spiegelreflexkameras ist das eine Selbstverständlichkeit, wir weisen aber seit geraumer Zeit in unseren test-Kommentaren darauf hin, dass auch einige Kompaktkameras in der Lage sind, im Rohdatenformat aufzuzeichnen, was dieselben Vorteile hat, wie bei einer Spiegelreflexkamera. Wie Sie selbst schreiben, ließe sich die Liste der vielen Argumente fast endlos weiterführen. Ich selbst habe diese Liste viele Male durchforstet und bleibe bei meinem Standpunkt, den ich übrigens erst seit kurzem eingenommen habe:
Eine digitale Spiegelreflexkamera lohnt sich nur für Leute, die bereits alte, hochwertige und kompatible Wechselobjektive besitzen und für professionelle Anwender, die Objektive mit Festbrennweiten einsetzen wollen. Da Sie offenbar zu diesen Gruppen gehören, kann ich Ihnen nur empfehlen, mit einer D70 zu arbeiten.
Ich habe auch gerade mit einem Leser aus Bayern telephoniert, der sich ganz interessiert nach unseren Prüfergebnissen zu der D70 erkundigt hat. Am Ende des Gesprächs habe ich ihm empfohlen, das Gehäuse der D70 ohne das Standardzoom zu kaufen, weil er schon eine Reihe von guten Nikon-Objektiven besitzt und nicht davor zurückscheut, die Bilder nachzubearbeiten. Er erzählte mir übrigens zuvor, dass er in der Regel manuell fokussiert, um die optimale Schärfe zu erzielen, und daher nicht sonderlich auf einen leistungsfähigen Autofokus angewiesen ist ! Guter Rat von schlechten Experten der Stiftung Warentest ?
Spätestens wenn es mittelfristig Systemkameras mit elektronischem Sucher gibt (Nikon ist da wahrscheinlich nicht der erste Anbieter), können Sie ihre Standpunkte ja noch einmal überdenken. Ich kann jedenfalls feststellen, dass es andere Hersteller von digitalen Spiegelreflexkameras den Nutzern einfacher gemacht haben, gute Photos zu schießen, womit ich nicht behaupte, dass die Bilder der D70 auch bei entsprechendem Aufwand immer noch weniger gut sind.
Es ist übrigens nicht die Politik der Stiftung Warentest billige Spiegelreflexkamera-Sets mit Objektiv anzubieten, sondern die Politik vor allem von Firmen wie Canon und Nikon, in das Niedrigpreissegment einzudringen. Wir wollen daher bitte auch nicht dafür verantwortlich gemacht werden.
Mit den besten Grüßen aus Berlin
Markus Bautsch, Stiftung Warentest
Sehr geehrter Herr Bautsch,
danke für die lange Antwort, viele Ihrer Argumente kann ich nachvollziehen: Mit dem ärgerlichen "Herumgeblitze" haben Sie natürlich recht, zumal der Blitz in der Regel die Atmosphäre der (Bühnen-)Beleuchtung regelrecht "zerschießt". Mit der D70 komme ich dank der hohen und (fast) rauschfreien Lichtempfindlichkeit meist ohne aus. Natürlich kommt man dennoch nicht ohne Systemblitz aus. Aber die meisten Digitalen haben keinen Blitzschuh, den die Käufer erst dann vermissen, wenn sie Ihre ersten Blitzfotos sehen. (Früher hatte fast jede Billig-Kleinbild einen Blitzschuh!)
Die 8700 war für mich keine Alternative, allein aus dem simplen Grund, weil sie fast genau so sperrig ist wie eine D70. Und da habe ich dann doch mehr Auswahl bei den Objektiven. 10fach-Zooms sind ja ganz schön, stellen aber in der Regel doch unbefriedigende Kompromisse in alle Richtungen dar. Dann doch lieber ein anständiges (Tele-)Zoom.
Der Trend bei so Leuten wie mir ist ein ganz anderer: Für "richtige" Einsätze die Spiegelreflex zu nehmen, und sich daneben eine "Immer-dabei-Cam" zuzulegen. Hauptkriterium "klein", der Rest ist eine Frage des Preises. Da fallen dann genau die 8700 und ähnliche raus.
Das Kit-Objektiv gab es als preiswerte Dreingabe dazu, insoweit war ich da nicht zuu mäkelig, aber: der Autofokus ist blitzschnell und nahezu geräuschlos. Die bei kurzen Brennweiten vorhandene Vignettierung bemerkt man kaum, kann man aber mit Software beseitigen. Aber die DSLR-Objektive haben nicht nur den Vorteil, manuell focussiert werden zu können. Gerade für die Sport- und Veranstaltungsfotografie ist es wichtig, den richtigen Bildausschnitt blitzschnell einstellen zu können. Das kann man bei kaum einer Kompakten.
Sehr geehrter Herr Bautsch, vielleicht war ich wirklich etwas "emotional", aber ich war schon verärgert über diese "Kompakte -vs.-DSLR-Kampagne". Das klang in Ihrem Beitrag viel holzschnittartiger; klar, ist immer ein Platzproblem. Aber das ist/war IHRE persönliche Wertung, das hat mit Technik nichts mehr zu tun, zumal es, wie ich schon erwähnt habe, ganz andere (Labor-)Bewertungen gibt.
Sie haben Ihren Standpunkt in unserem Schriftwechsel nachvollziehbar begründet, aber es gibt eben auch andere, auch praktische Notwendigkeiten. DSLRs sind in den Einsatzmöglichkeiten unschlagbar. Ich nehme an, Sie müssen als "Ingenieur-Jounalist" von Thema zu Thema/Gerät hoppen, das ist sicher nicht einfach. Aber das die Bildqualität schlechter sei, als die der anderen getesteten Cams, ist einfach sachlich falsch.
Ich habe mich, das werden Sie bemerkt haben, ziemlich gut vorher informiert. Und es hat sich im Lauf der Monate, die es die D70 gibt, dass die meisten Probleme, die es mit der D70 gab, Anwender-Fehler waren. Es ist eben keine "Point-And-Shoot". Man muss sich schon in (D)SLRs einarbeiten. Dann machen sie erstklassige Fotos. Das war nicht ihre Botschaft.
Diese Cams sind sicher nicht etwas für die breite Masse der Leserschaft von test, aber wenn die ansonsten geschätzte test sich des Themas annimmt, sollte sie das schon präziser und qualifizierter tun; ich erinnere an die Frage der angeblich zu dunklen Fotos. Ich habe aus den Diskussionen der letzten Jahre gelernt, diese besser-schlechter Diskussion so nicht mehr zu führen. Es kommt immer darauf an, a) wozu ich die Kamera verwende und b) was ich ausgeben will.
Mit freundlichen Grüßen aus Celle
Peter Bierschwale
PS Hätten Sie etwas dagegen, diesen Schriftwechsel öffentlich zu verwenden? (Ich will die test nicht "schlecht machen", sondern die verschiedenen Argumente verdeutlichen.)
Sehr geehrter Herr Bierschwale !
Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre letzte E-Mail, die im Prinzip genau den Kern der Sache trifft.
... (Es folgte ein Hinweis, wie die test zukünftig vorgehen will.)
Diese Informationen sind vertraulich, und ich möchte nicht gerne lesen, dass sie in Foren oder andernorts veröffentlicht werden. Den Rest unseres Schriftwechsels dürfen Sie aber gerne zu diesem Zweck verwenden. Vielleicht trägt dies ja dazu bei, den vielen irritierten Profis den Standpunkt der Stiftung Warentest in dieser Sache zu verdeutlichen.
Ich bin nicht direkt als Journalist im Bereich Publikationen, sondern als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Untersuchungen tätig. Diese beiden Aufgaben sind bei uns im Hause getrennt organisiert, was nicht heißt, dass es eine enge Zusammenarbeit zwischen den Bereichen gibt. Ich habe übrigens am Optischen Institut der TU Berlin studiert.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Bautsch
Stiftung Warentest
Moin, Herr Bautsch,
klingt gut, was Sie geschrieben haben, denn ich kann mir gut vorstellen, dass dieser Test-Bericht vielerorts zu Irritationen geführt hat, zumal viele die test eben als unabhängige Zeitschrift schätzen. Und ich vermute, dass dieser Schriftwechsel tatsächlich zur Versachlichung beitragen kann. Den Hinweis auf Ihre zukünftigen Vorhaben nehme ich raus.
Wenn ich in den nächsten Tagen Zeit finde, drehe ich die Reihenfolge der Beiträge (wegen der besseren Lesbarkeit) um und stelle sie in ein Nikon-Forum ein (www.coolpix-forum.de).
Mit freundlichen Grüßen
Peter Bierschwale
viele werden sich noch an das recht vernichtende „Befriedigend-Urteil“ der Stiftung Warentest über die D70 erinnern. Das war ja hier ausführlich diskutiert worden. (Weil der Ausgangs-Tread jetzt zum "Neuen Blatt" übergegangen ist, mache ich einen neuen auf.)
Mich hat das nicht ruhen lassen, zumal das „test“-Ergebnis nicht nachzuvollziehen war. Ich habe mich dann per Mail an die Pressesprecherin gewandt, weil die auf der Homepage genannt ist. Daraus hat sich ein längerer Schriftwechsel mit dem zuständigen Test-Ingenieur Markus Bautsch entwickelt, den ich Euch (mit seiner Zustimmung) nicht vorenthalten will, vielleicht auch, weil sich das Ganze – auch – wie ein Einkaufsratgeber liest.
Es ist leider viel Text, und in seine erste Antwort hat er Text-Bausteine eingebaut, die schon zitiert wurden. Aber seine Argumentation ist dann doch sehr viel differenzierter geworden, als es der Beitrag in test sein konnte. Ich fand es schon erstaunlich, dass er so ausführlich Rede und Antwort gestanden hat. (Und ich hatte eigentlich auch anderes zu tun...)
Vielleicht hat dazu beigetragen, dass dieser Bericht wohl doch zu mehr Wirbel geführt hat, als ich vermutete, oder, wie er selbst schreibt, „zu vielen irritierten Profis“.
Nun die Mails:
Betreff: Digitalkameras; digitale Spiegelreflexkamera Nikon D70
Sehr geehrte Frau van Laak,
ich habe mich doch noch entschlossen, eine kurze Bemerkung zu der Bewertung der D70 im August-Heft zu verfassen, weil ich einerseits die "test" immer sehr geschätzt habe, andererseits die "befriedigende" Beurteilung in Fachkreisen zu vielfältigen Reaktionen geführt hat, von Kopfschütteln bis Verständnislosigkeit.
Vielleicht reicht schon der Hinweis, dass die D70 auf internationaler Ebene gerade von Fachleuten (!) zu "Europas digitaler Spiegelreflex der Jahre 2004 - 2005" gekürt worden ist: http://www.fotografie-forum.de/index.php?p=325 Dass auch deutsche Foto- und Computer-Zeitschriften die D70 als "herausragend" oder "bereitete Freude nicht nur im Labor" betitelt haben, sei nur am Rande bemerkt. Und der feine Unterschied ist: Bei den anderen Tests lagen die technischen Kriterien nachvollziehbar offen, bei Ihnen nicht.
Was mich daran wurmt ist, dass die bisher von mir sehr geschätzte "test" einen Ingenieur seine persönlichen Präferenzen für Kompaktkameras ausleben lässt. Jemand, der mit dieser Spiegelreflex im Automatik-Modus fotografiert, hat nicht verstanden, dass das keine Cam für Anfänger ist. und dann darf man noch die Frage stellen, was an einer DSLR das getestete Objektiv mit dem Body zu tun hat. Bemäkelt wurde auch der interne Blitz. Ist schon irgend wo ein (D)SLR-Fotograf entdeckt worden, der damit fotografiert? Statt dessen kein Wort über die hoch gelobte iTTL-Technik, die Nikon mit der D70 eingeführt hat.
Fazit: Ich kenne KEINEN Profi, der nicht mit einer DSLR fotografiert. Und Sie müssen sich schon fragen lassen, wieso eine Kamera, die nicht nur bei mir erstklassige Fotos macht und zu einer europäischen Auszeichnung kommt, bei Ihnen wertungsmäßig dermaßen vernichtend beurteilt wird, schlechter als alle "Billig-Knipsen".
Nicht als Leserbrief gedacht.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Bierschwale
"Bautsch, Markus" schrieb:
Sehr geehrter Herr Bierschwale !
Wie Sie sich sicherlich denken können, sind Sie nicht unser erster Leser der sich über das Testergebnis der D70 wundert, bzw. sogar ärgert. Lassen Sie mich bitte im folgenden unseren Standpunkt darlegen. Wir haben nicht das Gehäuse der D70getestet, sondern ein sogenanntes Kit, das aus der D70 und einem eher einfachen Zoomobjektiv (Nikkor AF-S DX 18-70 G ED)besteht. Unsere Zielgruppe ist mit Sicherheit nicht die Gemeinde der Berufsphotographen, sondern die Gruppe der Hobby- und Amateurphotographen.
Selbstverständlich ist uns aufgefallen, dass eine Kamera, die sonst gelobt wird, bei uns nicht so gut abschneidet. Wir haben sofort eine zweite Kamera getestet, um auszuschließen, dass wir ein "Montagsprodukt" gekauft haben. Dieser Einkauf geschah übrigens anonym, da wir uns von den Herstellern keine(optimierten) Kameras zu Testzwecken zur Verfügung stellen lassen, wie es praktisch alle anderen Tester machen.
Darüber hinaus haben wir uns sofort mit Nikon in Verbindung gesetzt. Aus den Gesprächen ergab sich, dass die Bildqualität mit noch höherwertigen Objektiven verbessert werden kann, was wir mit einigen Objektiven auch überprüft haben. Dies haben wir in unserem veröffentlichten test-Kommentar zum Ausdruckgebracht. Ferner bietet Nikon seit kurzer Zeit ein Firmwareupdate an, das zumindest teilweise die Bildqualitätverbessert. Siehe: http://nikoneurope-de.custhelp.com/cgi- ... neurope_de.
Wie üblich haben wir alle Messergebnisse vor Veröffentlichung an Nikon zur Begutachtung weitergeleitet. Von dort wurden unsere Ergebnisse nicht beanstandet oder angezweifelt.
Es gibt eine ganze Anzahl von Kritikpunkten, die zur schlechten Bewertung der Bildqualität geführt haben:
Bei einer Systemkamera lässt sich der eingebaute Blitzpraktisch nicht auf alle möglichen Wechselobjektive optimieren. Wir bewerten nicht nur die Reichweite, sondern auch die Verteilung des Lichtes, insbesondere beiweitwinkligen Aufnahmen, die Wirkung bei Aufnahmen im Telebereich und die intelligente Dosierung des Blitzlichtes. Hier konnten wir der D70 gerade noch ein "gut" attestieren. Viele Besitzer einer D70 werden sich jedoch sicherlich mit einem externen Blitzlicht behelfen. Aber warum hat Nikon der Kamera ein Blitzlicht eingebaut, wenn es Ihrer Meinung nicht verwendet wird ? Es gibt jedenfalls Kompaktkameras, die das Blitzen mit dem internen Blitzlicht sogar mit einem achtfachen Zoom "sehr gut" hinbekommen !
Bei der Bildqualität im Automatikbetrieb gibt es einige Gründe, die zu einer insgesamt moderaten Bewertung führten. Sicherlich war es nicht die Auflösung, die wir schlecht bewertet haben und die bei vielen Testergebnissen einen viel zu großen Stellenwert innehat.
Zunächst waren die Bilder deutlich zu dunkel belichtet, was man mit manueller Korrektur oder mit der Hilfe eines Bildbearbeitungsprogramms allerdings ausgleichen kann, da die Kamera über genügend dynamischer Reserve in den dunklen Bereichen verfügt, aber man muss dies dann halt auch machen und kann sich nicht auf die Automatik verlassen.
Die Vignettierung der geprüften 18-70 mm Objektive war ungewöhnlich groß. Bei unseren D70 Modellen haben wir aber auch bei Telebrennweite (80 mm) und offener Blende eine deutliche Vignettierung festgestellt. Die meisten anderen Kameras haben hier wesentlich bessere Werte erreicht. BeimE1-System von Olympus werden z.B. die im Werk gemessenen Daten vom Objektiv auf das Kameragehäuse übertragen. Hier besteht die Möglichkeit, dass die Kamera diesen Bildfehlerautomatisch kompensiert. Sogar Sucherkameras der neuen Generation, wie z.B. die HP 707 verfügen über eingemessene Objektive, deren Daten in der Kamera gespeichert sind. Auch diese Daten werden zur automatischen Bildoptimierung herangezogen.
Makroaufnahmen waren mit dem geprüften Objektiv naturgemäß schwierig und bei schlechten Lichtverhältnissen waren die Ergebnisse mehr als ernüchternd. Hinzu kommen hässliche farbige Moiré-Effekte in einigen Aufnahmen von strukturierten Flächen.
In unserem test-Kommentar unter dem Produktphoto, haben wir darauf hingewiesen, dass sich die D70 bei manuellen Eingriffen "achtbarer" schlägt. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass viele andere Kameras, vor allem auch Kameras mit fest eingebautem Zoomobjektiv, in vielen alltäglichen Situationen bessere Photos machen als die D70.
Wir haben auch nicht damit gerechnet, dass wir eines Tages ausgerechnet eine teure Spiegelreflexkamera wegen ihrer nur "befriedigenden" Bildqualität abwerten werden. Bei der D70war es jedoch der Fall. Wie gesagt bezieht sich das Urteil auf den automatischen Betrieb, aber auch bei manuellem Eingriff ist die Bildqualität der Kamera bei weitem nicht "sehr gut".
Es gibt immer mehr Spiegelreflexfreunde, die sehr überrascht sind, wenn sie das erste Mal mit einer OlympusC8080, einer SONY F828, einer Konica Minolta A2 oder auch mit einer Nikon Coolpix 8700 photographieren. Sie stellen fest, dass diese Kameras, wenn man von der Unmöglichkeit absieht, das Objektiv zu wechseln, digitalen Spiegelreflexkameras teilweise überlegen sind. Zudem sind sie auch noch preiswerter. Die fest eingebauten Objektive sind in aller Regel makrotauglich, was man von Wechselobjektiven oft nicht erwarten kann.
In bestimmten Situationen ist es von Vorteil, dass die Sucherkameras fast völlig lautlos photographieren können. Gerade mit einer integrierten, aktiven mechanischen Bildstabilisierung kann man auch ohne Blitz in geschlossenen Räumen photographieren (Panasonic FZ-Serie, Konica Minolta A1/ A2, Canon S1 IS). Konica-Minolta will mit der Dynax 7Digital erst demnächst die erste Spiegelreflexkamera mit einer solchen Bildstabilisierung auf den Markt bringen.
Auch bei diesen hochwertigen Sucherkameras gibt es übrigens die Möglichkeit, mit Tele- und Weitwinkelkonvertern zu arbeiten, um die Brennweite der fest eingebauten Objektive zu verändern.
Das Licht für den Autofokus muss bei Kompaktkameras nicht aus dem Strahlengang ausgekoppelt werden, so dass der Autofokus auch bei ziemlich schlechten Lichtverhältnissen gut funktioniert, denn die Prozessoren und Chips sind inzwischen sehr viel leistungsfähiger und empfindlicher geworden. Dabei lässt sich interessanter Weise auch feststellen, dass die Autofokussysteme von Spiegelreflexkameras meist nicht optimal scharf stellen, womit der Auflösungsvorsprung den diese Systeme haben in der Praxis oft zunichte gemacht wird. Profis arbeiten hier daher ohne den Autofokus.
Sucherkameras sind i.a. kleiner und leichter als ihre Spiegelreflex-Schwestern, da sie über keinen Klappspiegel und kein Sucherprisma verfügen. Die Sucherkameras mit elektronischem Sucher zeigen auch ziemlich exakt den Ausschnitt, der tatsächlich photographiert wird. Der einzige Nachteil ist ggf. eine kleine Farbabweichung, die der elektronische Sucher resp. Monitor hat. Der große Vorteil ist jedoch, dass das Bild (z.B. bei schwachen Lichtverhältnissen)elektronisch optimiert werden kann (Kontrast- und Helligkeits- oder sogar Gammaanpassung). Der Monitor kann bei Spiegelreflexkameras gar nicht zur Motivsuche verwendet werden, da der Spiegel den Bildwandler verdeckt. Vielleicht gibt es ja bald Systemkameras mit elektronischem Sucher, der Markt dafür wäre sicherlich sowohl bei Profis, als auch bei Amateuren vorhanden.
Ich will hier kein Plädoyer für Sucherkameras oder gegen Spiegelreflexkameras halten, sondern nur sachlich darlegen, wie der Stand der Technik sich im Augenblick darstellt. Wer nicht mit mehreren Festbrennweiten photographieren möchte, ist heute mit Kompaktkameras besser bedient, als mit Spiegelreflextechnik. Wer sich für eine digitale Spiegelreflexkamera entscheidet, tut dies nicht aufgrund der Bildqualität, die er mit dem mitgelieferten Standardzoom erreicht, sondern weil er seine alten Objektive weiterverwenden will, oder weil er ein der Aufnahmesituation angepasstes Wechselobjektiv oder sogar einen Balgen wählen kann.
Die Auflösung und Bildqualität eines Makroobjektivs mit Festbrennweite bleibt einfach unerreicht. So etwas ist aber halt nur mit Systemkameras zu bewerkstelligen. Das entsprechende Budget bleibt Berufsphotographen und sehr ambitionierten Amateuren vorbehalten.
Ich hoffe, dass diese Antwort ein wenig zur Klärung beiträgt, auch wenn Sie möglicherweise untröstlich sind. Ich bin mir sicher, dass Sie mit einer D70 auch sehr zufriedenstellende Ergebnisse erreichen, nur nicht so einfach und problemlos, wie mit unseren Testsiegern ! Ich kenne eine Reihe von Profis, die es wagen, mit einer hochwertigen, digitalen Kompaktkamera zu photographieren. Zum Teil erscheinen sogar schon Titelphotos in Hochglanzmagazinen, die im Photostudio mit solchen Kameras gemacht wurden. Die Auftraggeber haben keinen Grund sich darüber zu beklagen, weil die Qualität auch mit dieser Technik inzwischen stimmt. Gerade viele Presseprofis nutzen die Flexibilität, die ihnen mit einer modernen, leicht transportfähigen Lösung (sprich Kompaktkamera mit leistungsfähigem Zoom) geboten werden. Im übrigen sprechen die Verkaufszahlen für sich.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Bautsch
Bereich Untersuchungen
Sehr geehrter Herr Bautsch,
ich schicke dennoch eine Kopie an die Pressesprecherin, denn solch dünnen Argumente rächen sich langfristig in der Glaubwürdigkeit und der Auflage der test, was ich sehr bedauern würde. Nur deswegen mache ich mir die Mühe.
Im März 2004 war ich auf einer der ersten Präsentationen der D70 in Deutschland. Da traf ich eine Reihe von Bildredakteuren: Wieso interessieren sich die Redaktionen für DSLRs? Ihre Argumentation richtet sich ja nicht nur gegen die Nikon D70, sondern gegen die DSLRs insgesamt. Nach Ihrer Argumentation sind die Profis offenbar alle fehlgeleitet. Aber danke für Ihre prompte Antwort, große Teile ihrer Argumentation kannte ich schon, weil die schon anderen zugegangen sind, OK: Man kennt sich eben.
Ich will nur eine halbwegs kurze Antwort geben, zumal ich nicht untröstlich bin: Bei mir erzielt die D70 erstklassige Fotos. Das ist bei den Kollegen und Ko-Fotografen völlig unstrittig. Sie reden vom Stand der Technik. Das klingt wertfrei und professionell, aber der "Stand der Technik" stellt sich denn doch anders dar, beispielsweise in der Belichtungsfrage. Nicht nur, dass Sie nicht darauf eingegangen sind, warum - nehmen wir mal die COLOR-FOTO wegen potentieller Korruption raus, denn das unterstellen Sie den Kollegen doch mit Ihrem tränentreibenden Hinweis auf die Anzeigenfreiheit! - ist die D70 denn bei der c´t IM LABOR ausgezeichnet abgeschnitten? Die Zeitschrift hat sich doch längst einen Ruf größerer Neutralität und Sachkunde als selbst die "test"(!) erworben.
Und dann noch die europäische Auszeichnung. Alles Amateure - außer Ihnen? Kein Wort über das Bildrauschen der Kompakten. Für jemanden wie mich, der häufig Theater- und Konzertfotos macht, ist das ein wesentliches Kriterium. Fotos vom Kompakten sind da DER Brüller, die hilflosen Versuche der Kompakten kenne ich zur Genüge. Lichtstärke 1.4, 1.8 - bei Kompakten? Kein Thema bei test. Wieso bei Profis und Ambitionierten?
Sie kritisieren die dunkle Belichtung der D70. FACHleute nennen das "zurückhaltend" oder "knapp", und im Gegensatz zu Ihnen loben die das ausdrücklich aus einem simplen Grund: Die Gefahr von Spitzlichtern (Detailverluste wegen Überbelichtung) ist sehr viel geringer, und man kann die Belichtung bei den RAW("NEF")-Fotos der D70 (natürlich auch anderen) verlustfrei um mehrere Blendenstufen anheben. DAS bringt gute Fotos.
Aber RAW: kein Thema für Sie. "Stand der Technik"...Interner Blitz: Na dann machen Sie doch mal mit einer Ihrer offensichtlich geliebten Kompakten ein Blitzfotos mit voll ausgefahrenem Zoom über 10 Meter. Schon probiert? Duster, duster (und rotstichig) wird´s.
Makros. Mit dem Kit-Objektiv??? Welcher halbwegs versierte Fotograf probiert es damit? Ein "richtiges" Makro-Objektiv an einer Spielreflex hängt JEDE Kompakte ab. Übrigens, weil ich keine Verträge mit Nikon habe: auch mit Canon und anderen... Haben SIE es mal probiert? Ich will nicht auch noch Ihre anderen Argumente durchdeklinieren. Das verliefe ähnlich. Die wenigen Sätze, die Sie über die D70 geschrieben haben, schaden weniger dem Ansehen dieser Cam und der hochklassigen Qualität der DSLRs insgesamt. Dieses Käuferpotential macht sich woanders schlau, Stichwort: Fachzeitschriften & Internet-Foren. Nein, Sie haben dem Ansehen von test geschadet. Sehr eigenartig ist Ihr Verweis auf die Verkaufszahlen der Kompakten. BILD sei also "besser" als ZEIT, FAZ, Süddeutsche oder vergleichbare? Wird die test jetzt die BILD-Zeitung der Verbraucher? Kennen Sie die Verkaufszahlen von Schuhmachers Ferrari? Die D70 gehört sicher nicht in diese Kategorie, aber die DSLR-Profi-Cams taugen nach Ihrer Argumentation auch nichts: geringe Verkaufszahlen!
Kopfschüttelnd
Peter Bierschwale
Sehr geehrter Herr Bierschwale!
Mir ist Ihre Reaktion ehrlichgesagt ein wenig zu emotional ausgefallen. Eigentlich wollte ich gar nicht mehr auf Ihr letztes Schreiben antworten, erlaube mir aber dennoch noch einen Versuch.
Ich habe auch überhaupt keine Bedenken unsere Pressesprecherin, Frau van Laak, über diesen Briefwechsel zu informieren. Ich betone nochmals, dass wir nicht der D70, sondern dem Kit D70 + Nikkor 18 - 70 mm eine Note gegeben haben. Ich hatte in meiner Antwort gute Gründe genannt, warum professionelle Photographen nicht auf eine Spiegelreflexkamera verzichten wollen. In Ihrer E-Mail wiederholen Sie genau diese als Argumente gegen die Veröffentlichung der Stiftung Warentest in test.
Die Leser unserer Zeitschrift test kaufen sich eine Spiegelreflexkamera allerdings nicht, weil sie diese mit einem Objektiv mit 50 mm und einer größten Blende von 1.4 betreiben wollen, sondern in aller Regel mit einem oder mehreren Zoom-Objektiven. Mit den Verkaufszahlen bezog ich mich auch auf die (Zoom-)Wechselobjektive, die für Spiegelreflexkameras tatsächlich verkauft werden. Es sind nämlich etwa viermal so viele Zoomobjektive wie Festbrennweitenobjektive.
Wir arbeiten daran, den Verbraucher darüber aufzuklären, dass es besser ist, eine hochwertige Kompaktkamera zu kaufen, als eine nur scheinbar höherwertige Spiegelreflexkamera mit einem Wald- und Wiesen-Zoom, was im Zweifel zudem sogar noch teurer kommt. Wir vergleichen dabei nicht Bild und Ferrari, sondern auch Kameras und Objektive von ein und demselben namhaften Hersteller, z.B. Nikon. Ich finde ich es alles andere als nachvollziehbar, wie Sie darauf kommen, aus meinen Argumenten abzuleiten, ich fände Profis fehlgeleitet. Es ist doch wohl selbstverständlich, dass sich diese in Fachzeitschriften und nicht in test informieren, obwohl das aus meiner Sicht manchmal auch ganz hilfreich sein könnte.
Profis arbeiten häufig in Photostudios, wo ausreichend Licht vorhanden ist. Nach meinen Beobachtungen wird dabei weitgehend manuell fokussiert. Auch Sportphotographen werden sich meist nicht den Luxus leisten können, mit kontinuierlichem Fokus zu arbeiten, sondern manuell vorfokussieren, weil sie dann wesentlich punktgenauer auslösen können. In diesen Fällen stört sich natürlich auch niemand an einem unzulänglichen Autofokus.
Gerade dieses Thema interessiert aber unsere Leser besonders, weil sie in aller Regel und bei allen möglichen, auch ungünstigen Gelegenheiten mit dem Autofokus arbeiten. Dies müssen wir bei unseren Tests natürlich berücksichtigen.
Wir haben eine andere Leserklientel als die Magazine vom Heise-Verlag und legen daher auch in einigen Teilen andere Maßstäbe an die Geräte. Die Auflösung, die in vielen Magazinen so hoch gehalten und so gewichtig bewertet wird, spielt bei uns z.B. eher eine untergeordnete Rolle. Ich versichere Ihnen aber, dass keine der anderen Testorganisationen so aufwendige, subjektive Sehtests durchführt, bei denen alle Produkte, die im Laufe eines Jahres getestet werden, verglichen werden können. Das kostet viel Geld, dafür ist sehr viel Testpersonal nötig und das dauert seine Zeit. Sie können sich sicher sein, dass wir das alles keineswegs auf die leichte Schulter nehmen.
Ich würde mich wegen der Geräuschentwicklung nicht wagen, bei einem Konzert- oder Theaterbesuch mit einer Spiegelreflexkamera zu photographieren. Ich könnten natürlich immer warten, bis das Publikum klatscht, dann werde ich aber keine Szenenphotos mit nach Hause nehmen. Ich habe aber schon Photographen erlebt, die während der Aufführung durch die Gänge gehen und allerorten hemmungslos darauf los knipsen und sogar blitzen, und denen es offenbar egal ist, ob das jemanden stört. Profis sind da nicht ausgenommen, am schlimmsten sind aber Angehörige bei Schulaufführungen, deren Kameras dann auch noch plötzlich den Film automatisch zurückspulen.
Gegen eine Panasonic FZ10, deren Leica-Objektiv mit 12-fachem Zoom (!) und durchgehender Lichtstärke 2.8 eine aktive Bildstabilisierung hat, dürften Sie in solchen Situationen mit einer DSLR nicht viel Staat machen können, jedenfalls stehen Sie mit Sicherheit nicht hilflos da. Meine eigenen Versuche in dieser Richtung waren in dieser Hinsicht mehr als überzeugend. Ich bin gespannt, wie sich die Dynax 7 D von Konica Minolta anlässt. Es ist nicht sicher, ob das Prinzip auch bei älteren Minolta-Objektiven die gleiche Wirkung hat.
Jedenfalls sind Sie auch mit einer solchen Kamera wesentlich auffälliger, was den Platzbedarf (denken Sie an die Größe der Kamera und die vielen Objektive, die Sie mitnehmen und wechseln müssen) und die Geräuschbelästigung betrifft. Bei einer Systemkamera können Sie das Makroobjektiv bei einer Theateraufführung zu Hause lassen. Das ist in diesem Fall dann wenigstens kein Nachteil.
Selbst verständlich untersuchen wir auch das Rauschverhalten der Kameras. Wenn es besonders stark, oder besonders gering (wie z.B. bei der Nikon Coolpix 8700) ist, dann erwähnen wir das expressis verbis in unseren test-Kommentaren. Sowohl bei 1 cd/m² als auch bei 15 cd/m² waren die Messwerte der 8700 besser als die der D70, obwohl sie einen kleineren Chip und mehr Pixel hat !
Bei den Eröffnungsfeierlichkeiten zu den Olympischen Spielen war das Stadion fast schon durch die unzähligen Photoblitze erleuchtet, die natürlich für die betreffenden Photos völlig wirkungslos waren. Allein das waren Tausende von Photographen, die gar nicht wissen wie und ob sie das Blitzlicht ihrer Kamera deaktivieren können. Sollen wir das Blitzlicht in diesem Spannungsfeld zwischen Ahnungslosen und ambitionierten Amateuren nicht testen, weil es sowohl sinnlos eingesetzt wird, als auch wegen leistungsfähigerer externer Blitzgeräte überflüssig sein kann ?
Ich kann Ihnen jedenfalls sagen, was ich mit einer Kompaktkamera täte, wenn ich ein Motiv in zehn Metern Entfernung photographieren wollte: Ich würde den gleichen externen Systemblitz verwenden, den auch Sie an Ihre Spiegelreflexkamera anschließen würden und dann wäre das Bild genauso gut ausgeleuchtet, wie in Ihrem Fall. Ein elektronischer CCD-Chip lässt sich zudem wesentlich schneller steuern, als ein mechanischer Klappspiegel. Ein eher schlechtes Argument für Spiegelreflexkameras.
Die Nikon Coolpix 8700, die auch über TTL-Messung und Vorblitz verfügt, wäre da sicherlich kein schlechter Vergleichskandidat, haben Sie sie schon ausprobiert ? Der automatische Messblitz bei der iTTL-Technik hat jedenfalls schon bei so manchem Schnappschuss einen wunderschönen Augapfel unter seinem Lid verschwinden lassen. Sollen wir unseren Lesern z.B. empfehlen, bei der Aufnahme auf die inzwischen auch sonnenlichttauglichen Monitore zu verzichten ? Wenn ich mir ansehe, wie die Leute inzwischen photographieren, möchte ich behaupten, dass es durchaus Stand der Technik ist, mit einem Monitor auf Motivsuche zu gehen.
RAW ist für uns ein Thema ! Bei Spiegelreflexkameras ist das eine Selbstverständlichkeit, wir weisen aber seit geraumer Zeit in unseren test-Kommentaren darauf hin, dass auch einige Kompaktkameras in der Lage sind, im Rohdatenformat aufzuzeichnen, was dieselben Vorteile hat, wie bei einer Spiegelreflexkamera. Wie Sie selbst schreiben, ließe sich die Liste der vielen Argumente fast endlos weiterführen. Ich selbst habe diese Liste viele Male durchforstet und bleibe bei meinem Standpunkt, den ich übrigens erst seit kurzem eingenommen habe:
Eine digitale Spiegelreflexkamera lohnt sich nur für Leute, die bereits alte, hochwertige und kompatible Wechselobjektive besitzen und für professionelle Anwender, die Objektive mit Festbrennweiten einsetzen wollen. Da Sie offenbar zu diesen Gruppen gehören, kann ich Ihnen nur empfehlen, mit einer D70 zu arbeiten.
Ich habe auch gerade mit einem Leser aus Bayern telephoniert, der sich ganz interessiert nach unseren Prüfergebnissen zu der D70 erkundigt hat. Am Ende des Gesprächs habe ich ihm empfohlen, das Gehäuse der D70 ohne das Standardzoom zu kaufen, weil er schon eine Reihe von guten Nikon-Objektiven besitzt und nicht davor zurückscheut, die Bilder nachzubearbeiten. Er erzählte mir übrigens zuvor, dass er in der Regel manuell fokussiert, um die optimale Schärfe zu erzielen, und daher nicht sonderlich auf einen leistungsfähigen Autofokus angewiesen ist ! Guter Rat von schlechten Experten der Stiftung Warentest ?
Spätestens wenn es mittelfristig Systemkameras mit elektronischem Sucher gibt (Nikon ist da wahrscheinlich nicht der erste Anbieter), können Sie ihre Standpunkte ja noch einmal überdenken. Ich kann jedenfalls feststellen, dass es andere Hersteller von digitalen Spiegelreflexkameras den Nutzern einfacher gemacht haben, gute Photos zu schießen, womit ich nicht behaupte, dass die Bilder der D70 auch bei entsprechendem Aufwand immer noch weniger gut sind.
Es ist übrigens nicht die Politik der Stiftung Warentest billige Spiegelreflexkamera-Sets mit Objektiv anzubieten, sondern die Politik vor allem von Firmen wie Canon und Nikon, in das Niedrigpreissegment einzudringen. Wir wollen daher bitte auch nicht dafür verantwortlich gemacht werden.
Mit den besten Grüßen aus Berlin
Markus Bautsch, Stiftung Warentest
Sehr geehrter Herr Bautsch,
danke für die lange Antwort, viele Ihrer Argumente kann ich nachvollziehen: Mit dem ärgerlichen "Herumgeblitze" haben Sie natürlich recht, zumal der Blitz in der Regel die Atmosphäre der (Bühnen-)Beleuchtung regelrecht "zerschießt". Mit der D70 komme ich dank der hohen und (fast) rauschfreien Lichtempfindlichkeit meist ohne aus. Natürlich kommt man dennoch nicht ohne Systemblitz aus. Aber die meisten Digitalen haben keinen Blitzschuh, den die Käufer erst dann vermissen, wenn sie Ihre ersten Blitzfotos sehen. (Früher hatte fast jede Billig-Kleinbild einen Blitzschuh!)
Die 8700 war für mich keine Alternative, allein aus dem simplen Grund, weil sie fast genau so sperrig ist wie eine D70. Und da habe ich dann doch mehr Auswahl bei den Objektiven. 10fach-Zooms sind ja ganz schön, stellen aber in der Regel doch unbefriedigende Kompromisse in alle Richtungen dar. Dann doch lieber ein anständiges (Tele-)Zoom.
Der Trend bei so Leuten wie mir ist ein ganz anderer: Für "richtige" Einsätze die Spiegelreflex zu nehmen, und sich daneben eine "Immer-dabei-Cam" zuzulegen. Hauptkriterium "klein", der Rest ist eine Frage des Preises. Da fallen dann genau die 8700 und ähnliche raus.
Das Kit-Objektiv gab es als preiswerte Dreingabe dazu, insoweit war ich da nicht zuu mäkelig, aber: der Autofokus ist blitzschnell und nahezu geräuschlos. Die bei kurzen Brennweiten vorhandene Vignettierung bemerkt man kaum, kann man aber mit Software beseitigen. Aber die DSLR-Objektive haben nicht nur den Vorteil, manuell focussiert werden zu können. Gerade für die Sport- und Veranstaltungsfotografie ist es wichtig, den richtigen Bildausschnitt blitzschnell einstellen zu können. Das kann man bei kaum einer Kompakten.
Sehr geehrter Herr Bautsch, vielleicht war ich wirklich etwas "emotional", aber ich war schon verärgert über diese "Kompakte -vs.-DSLR-Kampagne". Das klang in Ihrem Beitrag viel holzschnittartiger; klar, ist immer ein Platzproblem. Aber das ist/war IHRE persönliche Wertung, das hat mit Technik nichts mehr zu tun, zumal es, wie ich schon erwähnt habe, ganz andere (Labor-)Bewertungen gibt.
Sie haben Ihren Standpunkt in unserem Schriftwechsel nachvollziehbar begründet, aber es gibt eben auch andere, auch praktische Notwendigkeiten. DSLRs sind in den Einsatzmöglichkeiten unschlagbar. Ich nehme an, Sie müssen als "Ingenieur-Jounalist" von Thema zu Thema/Gerät hoppen, das ist sicher nicht einfach. Aber das die Bildqualität schlechter sei, als die der anderen getesteten Cams, ist einfach sachlich falsch.
Ich habe mich, das werden Sie bemerkt haben, ziemlich gut vorher informiert. Und es hat sich im Lauf der Monate, die es die D70 gibt, dass die meisten Probleme, die es mit der D70 gab, Anwender-Fehler waren. Es ist eben keine "Point-And-Shoot". Man muss sich schon in (D)SLRs einarbeiten. Dann machen sie erstklassige Fotos. Das war nicht ihre Botschaft.
Diese Cams sind sicher nicht etwas für die breite Masse der Leserschaft von test, aber wenn die ansonsten geschätzte test sich des Themas annimmt, sollte sie das schon präziser und qualifizierter tun; ich erinnere an die Frage der angeblich zu dunklen Fotos. Ich habe aus den Diskussionen der letzten Jahre gelernt, diese besser-schlechter Diskussion so nicht mehr zu führen. Es kommt immer darauf an, a) wozu ich die Kamera verwende und b) was ich ausgeben will.
Mit freundlichen Grüßen aus Celle
Peter Bierschwale
PS Hätten Sie etwas dagegen, diesen Schriftwechsel öffentlich zu verwenden? (Ich will die test nicht "schlecht machen", sondern die verschiedenen Argumente verdeutlichen.)
Sehr geehrter Herr Bierschwale !
Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre letzte E-Mail, die im Prinzip genau den Kern der Sache trifft.
... (Es folgte ein Hinweis, wie die test zukünftig vorgehen will.)
Diese Informationen sind vertraulich, und ich möchte nicht gerne lesen, dass sie in Foren oder andernorts veröffentlicht werden. Den Rest unseres Schriftwechsels dürfen Sie aber gerne zu diesem Zweck verwenden. Vielleicht trägt dies ja dazu bei, den vielen irritierten Profis den Standpunkt der Stiftung Warentest in dieser Sache zu verdeutlichen.
Ich bin nicht direkt als Journalist im Bereich Publikationen, sondern als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Untersuchungen tätig. Diese beiden Aufgaben sind bei uns im Hause getrennt organisiert, was nicht heißt, dass es eine enge Zusammenarbeit zwischen den Bereichen gibt. Ich habe übrigens am Optischen Institut der TU Berlin studiert.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Bautsch
Stiftung Warentest
Moin, Herr Bautsch,
klingt gut, was Sie geschrieben haben, denn ich kann mir gut vorstellen, dass dieser Test-Bericht vielerorts zu Irritationen geführt hat, zumal viele die test eben als unabhängige Zeitschrift schätzen. Und ich vermute, dass dieser Schriftwechsel tatsächlich zur Versachlichung beitragen kann. Den Hinweis auf Ihre zukünftigen Vorhaben nehme ich raus.
Wenn ich in den nächsten Tagen Zeit finde, drehe ich die Reihenfolge der Beiträge (wegen der besseren Lesbarkeit) um und stelle sie in ein Nikon-Forum ein (www.coolpix-forum.de).
Mit freundlichen Grüßen
Peter Bierschwale