"Digital gerechnete Objektive"

Die Rubrik für das optische Zubehör eurer Nikon Kamera mit Autofokus

Moderator: donholg

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snorri
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"Digital gerechnete Objektive"

Beitrag von snorri »

Das scheint ja wirklich ein weitverbreitetes Phänomen zu sein. In mehreren unterschiedlichen Fotoläden, darunter immerhin Foto Sauter in München, habe ich schon diese Geschichte gehört von den Weitwinkel-Festbrennweiten, die angeblich auf digitalen Kameras unscharf wären wegen des weit offenen Winkels, unter dem die Lichtstrahlen auf die einzelnen Sensorpixel treffen. So ganz kapiert habe ich das nie, aber ich verstehe auch nichts von Objektivbau.

Nun bin ich (auf der Suche nach ganz anderen Dingen) zufällig über diese Seite von Ken Rockwell gestolpert -- Klick -- auf der er wie ich finde überzeugend darlegt, dass das Mumpiz ist.

Kurzfassung: Jedes Objektiv hat einen Punkt, von dem aus der Sicht des Sensors alle Lichtstrahlen ausgehen, den sogenannten Nodalpunkt. Die Lage dieses Punktes bestimmt demnach den Winkel, unter dem die Strahlen den Sensor treffen. Und der Nodalpunkt ist bei allen gängigen Objektiven ungefähr gleich weit vom Sensor entfernt, normalerweise ein paar Zentimeter vom Bajonett entfernt. Näher kann er auch gar nicht sein, weil sonst die Hinterlinse an den Spiegel stossen würde. Zwischen einem Normalzoom und einem Weitwinkel liegen also bestenfalls ein paar Grad Unterschied im Einfallswinkel.

Also alles Marketing-Hype? Man muss fast den Eindruck haben ...

-- snorri

Blue Heron
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Beitrag von Blue Heron »

Ich glaube, hier werden ein Mythos und eine Tatsache zu "FUD" ("Fear, Uncertainty, Doubt") vermixt.

Daß es mit "non-digitalen" Objektiven in den Ecken zu "Unschärfe" kommt, halte ich für puren Blödsinn.

Allerdings ist es eine Tatsache, daß die spiegelnde Oberfläche eines Digitalsensors mehr Licht reflektiert, wenn es flacher auftrifft (in den Ecken) und daß dadurch eine stärkere Vignettierung zustande kommt.
Allerdings korrigieren die Kameras das schon wieder selbstständig, so daß man sich darüber keine Sorgen machen muß.

Ärgerlich, wenn ein "Fachmann" in einem renomierten Fotoladen wie Sauter so einen Unsinn verbreitet.

Da sieht man mal wieder, daß eigenes Wissen einfach unersetzlich ist ;)

Roland

P.S.: Fear, Uncertainty, Doubt = Angst, Unsicherheit, Zweifel
Zuletzt geändert von Blue Heron am Di Sep 27, 2005 19:02, insgesamt 1-mal geändert.
Roland ____ D200|18-70|Sigma 55-200|80-200/2.8|85/1,8|50/1.8|35/2|20/2.8|Sigma 105macro|SB-800|CP4500+CP990+Tele+WW

"Was ist nur los mit dem Gedicht? / die letzte Zeile reimt sich kaum!?"

Andreas G
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Beitrag von Andreas G »

Blue Heron hat geschrieben:Allerdings korrigieren die Kameras das schon wieder selbstständig, so daß man sich darüber keine Sorgen machen muß.
Kannst du auch Beispiele nennen?! :roll:

Gruß
Andreas
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volkerm
Sollte mal wieder fotografieren...
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Beitrag von volkerm »

Die "digital optimierten" Objektive halte ich weitgehend für Marketinghype. Trotzdem sind ältere Weitwinkel schon mal für Überraschungen gut. Ich habe mit einem "analogen" Nikkor 15mm/5.6 sehr unangenehme Farbränder beobachtet, die ich analog nicht kannte. Ebensolches wird vom AF-Nikkor 14mm an einigen Nikon DSLR berichtet.

Also irgendeinen Effekt mag es da schon geben. Auf dem Sensor sind ja Microlinsen, und das verhält sich durchaus anders als Film.
.. und weg.

JackMcBeer
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Beitrag von JackMcBeer »

Man sollte zwischen "digital optimierten" und "digital gerechneten" Objektiven unterscheiden!

Die digital optimierten unterscheiden sich nur durch eine bessere Hinterlinsenbeschichtung, da der Chip ein anderes Reflexionsverhalten hat als Film. Dadurch kann es bei ungeeigneter Beschichtung zu Geisterbildern kommen. Bei diesen Objektiven ändert sich an der Linsenkonstruktion nichts. Insbesondere Sigma stellt viele Objektive auf "DG" um. Ob dieses tatsächlich zu einer besseren Bildqualität führt, kann man wahrscheinlich nur im Labor ermitteln.

Digital gerechnete Objektive sollten komplette Neurechnungen sein, die auf Digitalkameras abgestimmt sind. Neben einem meist kleinerem Bildkreis (APS-C) wird auch versucht, dass die Strahlen möglichst parralel austreten. Es ist nämlich in der Tat so, dass schräg auf den Chip fallende Lichtstrahlen zu Vignettierung und insbesondere CA führen. Dies liegt im Aufbau des CCD/CMOS begründet. Über jeder lichtempfindlicher Zelle sitzt eine Microlinse, die das Licht auf dem Sensor sammelt. Schräg einfallendes Licht führt zur Abdunkelung der Rand-Sensoren und führt zu Farbverschiebungen. Da diese Farbverschiebung im Endeffekt wie eine Unschärfe wirkt, kommt es dadurch in den Bildecken zu einer scheinbaren Unschärfe. Bei einem Farbfilm liegen die 3 Lichtempfindlichen Schichten in mikroskopischen Abstand übereinander und führen daher nicht zu diesen Effekten.

Das Kameras diese Vignetierung selbständig wieder ausgleichen, wäre zwar theoretisch möglich, dabei müsste die Kamera aber über eine Objektiv-Datenbank verfügen, die es meines Wissens nur bei Olympus gibt (es müssten ja auch alle Fremdobjektive enthalten sein, was sich die Originalhersteller wohl nicht antun werden -Olympus hat für das 3/4 System bisher nur eigene Objektive -es gibt wohl 1 passendes Sigmaobjektiv).

Das der Nodalpunkt bei allen Objektiven ungefähr gleich ist, ist genauso Unfug -wer schonmal Nodalpunkte für einen Panoramaadapter bestimmt hat, weiss das.
Objektive sind hochkomplexe Konstruktionen, die keineswegs alle gleich oder ähnlich sind. Man braucht sich nurmal die verschiedenen Durchmesser der hinteren Linsen anzusehen. Gerade bei Super WW sind diese recht klein und bewirken einen sehr flachen Strahlengang.

Hier ist ebenfalls Olympus mit dem 3/4 System Vorreiter und konstruiert kompromisslos neue Objektive, die sich durch einen besonders parallelen Strahlengang auszeichnen sollen.

jan.
Ich hasse die Wirklichkeit, es ist aber der einzige Ort, wo man ein gutes Steak bekommt.
Woody Allen

snorri
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Beitrag von snorri »

Hallo Jack,

lies mal weiter unten in Rockwells Artikel, dort ist zu lesen:
Wide angle lenses put the front nodal point further away from the film than the actual focal length of the lens. These were invented to fix the problem of interfering with the mirror of an SLR and thus this has never been a problem. This retrofocus gyration is why wide angle lenses for view cameras and rangefinder cameras have been better optically than SLR lenses, however today with digital SLRs they have that problem fixed before it even started.

Telephoto lenses move the front nodal point closer to the film than the focal length of the lens, allowing compact telephotos. Get out a ruler and you'll discover your 300mm lens does not poke out 300mm (one foot) from your camera.
Klar weiss ich, dass der Nodalpunkt nicht bei allen Objektiven gleich liegt (auch ich habe mir schon Panoramaadapter gebaut). Aber die Unterschiede sind -- zumal wenn man sie in Winkel umrechnet -- sehr gering.

Eine Hinterlinsenbeschichtung ist sicher eine feine Sache, aber die beseitigt nur Fehler durch Pingpongreflexion Sensor-Hinterlinse-Sensor, die bei allen Objektiven gleich stark auftreten dürfte und nicht nur bei Weitwinkeln. Ein Fehlen dieser Art von Digital-Optimierung kann also eigentlich nicht für unscharfe Weitwinkel verantwortlich sein.

Rockwell schreibt weiter zum Thema "parallel auftreffende Strahlen":
Guess what else: due to all this most SLR lenses have their rear nodal points in about the same place regardless of focal length, and SLR viewing and metering systems are designed around all this. This is why one needs to meter with a shift lens before shifting it, and why you can forget the old wives' tale about this being a problem with digital SLRs. The cameras are intended to work with lenses having the light come from the rear nodal point that it does.

In fact, since the rear exit pupils of most SLR lenses of the same brand are at about the same distance from the film plane or CCD one could design one's cameras with the microlenses positioned exactly for this, and for all we know, they may be designed exactly this way. In this case, the stupidest thing you could do is buy a Sigma lens claiming to have magic parallel light beams coming out the back (rear nodal point at infinity) and completely screw up the design of your Nikon camera. Hey, no one pays me anything for anything, it's just sad when people are hoodwinked by salespeople into buying crud for exactly the wrong reason.
Wie gesagt, ich kenne mich mit den Dingen nicht wirklich aus, vielleicht fehlt da noch eine wichtige Information. Irgenwoher muss es ja kommen, wenn manche Weitwinkel tatsächlich Unschärfen nur an DSLRs produzieren ... ich wüsste nur zu gerne woran, denn eine weitwinkelige Festbrennweite würde mich eigentlich enorm reizen ...

-- snorri

Andreas H
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Beitrag von Andreas H »

Alles gut und schön, aber wie erklärt dann Rockwell die Probleme die beispielsweise ein Nikon AF 2,8/80-200 ED oder ein Sigma 135-400 Apo an der D70 haben?

Sicherlich gibt es eine große Zahl von Objektiven bei denen eine andere Vergütung der Hinterlinse ausreicht um sie digitaltauglich zu machen. Bei anderen wird dagegen ein größeres Redesign notwendig. Da ich beim Neukauf unmöglich wissen kann in welche Kategorie mein gewünschtes Objektiv fällt, lege ich Wert auf eine Kennzeichnung wie DG oder DI oder was auch immer so ein Hersteller sich dafür einfallen lassen hat.

Ich möchte gern dem Service des Herstellers gegenüber darauf bestehen können daß ein Objektiv auch an meiner D70 funktioniert. Wenn die Digitaltauglichkeit keine zugesicherte Eigenschaft ist habe ich da schlechte Karten (hab's ausprobiert, hat keinen Spaß gemacht).

Grüße
Andreas

volkerm
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Beitrag von volkerm »

snorri hat geschrieben:Irgenwoher muss es ja kommen, wenn manche Weitwinkel tatsächlich Unschärfen nur an DSLRs produzieren ... ich wüsste nur zu gerne woran, denn eine weitwinkelige Festbrennweite würde mich eigentlich enorm reizen ...
Das wüsste ich auch gerne. Zunächst hatte ich wie Jack die unterschieldiche Größe der Hinterlinse unter Verdacht. Aber beim Vergleich einiger guter und weniger guter Optiken konnte ich keinen Zusammenhang zwischen Linsengröße und verstärkter CA-Neigung finden. Da waren Objektive mit kleinen Rücklinsen, die wirklich gut waren, und solche mit großer Rücklinse und Mörder-CA. So einfach ist es wohl nicht.

Rockwell würde ich nicht in jedem Detail wörtlich nehmen, der spekuliert auch gerne mal.

Die Pingpong-Reflexion zwischen Sensor und Rücklinse kann man beim 85/1.8D beobachten bei geschlossener Blende und Fokus im Nahbereich.
.. und weg.

alexis_sorbas
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Beitrag von alexis_sorbas »

volkerm hat geschrieben:...Trotzdem sind ältere Weitwinkel schon mal für Überraschungen gut. Ich habe mit einem "analogen" Nikkor 15mm/5.6 sehr unangenehme Farbränder beobachtet, die ich analog nicht kannte. Ebensolches wird vom AF-Nikkor 14mm an einigen Nikon DSLR berichtet.

Also irgendeinen Effekt mag es da schon geben. Auf dem Sensor sind ja Microlinsen, und das verhält sich durchaus anders als Film.
Ähliches kann ich von meinem 2,8 24mm Nikkor berichten...
Zusätzlich ist auch die Vergütung "anders", die Bilder mit diesem Objektiv
sind nicht so brilliant wie mit "digital optimierten" Optiken.

mfg

Alexis

alexis_sorbas
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Beitrag von alexis_sorbas »

JackMcBeer hat geschrieben:...Es ist nämlich in der Tat so, dass schräg auf den Chip fallende Lichtstrahlen zu Vignettierung und insbesondere CA führen. ...Schräg einfallendes Licht führt zur Abdunkelung der Rand-Sensoren und führt zu Farbverschiebungen. Da diese Farbverschiebung im Endeffekt wie eine Unschärfe wirkt, kommt es dadurch in den Bildecken zu einer scheinbaren Unschärfe. Bei einem Farbfilm liegen die 3 Lichtempfindlichen Schichten in mikroskopischen Abstand übereinander und führen daher nicht zu diesen Effekten.

Das Kameras diese Vignetierung selbständig wieder ausgleichen, wäre zwar theoretisch möglich, dabei müsste die Kamera aber über eine Objektiv-Datenbank verfügen...
...

jan.
So ist es. Derzeit kenne ich keine Kamera, die eine solche Korrektur
intern vornimmt. Und wenn sie das könnte, sollte sie auch gleich die Verzeichnung korrigieren können... Ach ja und ein "Rundum-Lage-Sensor" für Perspektiv-Korrekturen... :lol:


mfg

Alexis

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